Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Mit dem heutigen Tag endet das Zeitalter der Atomkraft in Deutschland. Die letzten drei Kraftwerke wurden abgeschaltet.

Historisches Ereignis

Heute ist für Deutschland ein historischer Tag. Die letzten drei verbliebenen Kernreaktoren sind vom Netz gegangen. Damit endet die zivile Nutzung der Atomkraft zur Energiegewinnung in unserem Land — und das ist auch gut so. Ursprünglich sollten alle Atomkraftwerke bis zum 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. So wurde am 30. Juni 2011 mehrheitlich im Bundestag beschlossen. Immer wieder flammten in der Vergangenheit Diskussionen um eine Laufzeitverlängerung auf. Auch jetzt noch, wo das Ende Fakt ist.

Dass es überhaupt zu einer Verlängerung um ein paar Monate kam, lag am Kriegs Russlands gegen die Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise. Deshalb kam es zu einem sogenannten Streckbetrieb für die drei verbliebenen Kraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland.

Man sollte den Tag als Erfolg für unser Land verbuchen, auch wenn Nachbarländer weiterhin auf Atomkraft setzen und die Folgen von Reaktorunfälle nicht an Landesgrenzen haltmachen. Die angebliche umweltfreundliche Stromerzeugung, welche von den Befürwortern der Atomenergie immer wieder ins Feld geführt wird, ist letztendlich eine Lüge.

Nach wie vor gibt es kein Endlager für ausgebrannte Brennstäbe. In ca. 200.000 Jahren geht von den Brennstäben keine nennenswerte Gefahr mehr für Mensch und Umwelt aus. Zum Vergleich: Vor 200.000 Jahren entwickelte sich der Homo sapiens.

SPD und Atomkraft

Die Atomkraft ist vor allem in Hinblick auf den damit verbundenen Abfall hochkritisch zu sehen. Nachfolgenden werden erhebliche Lasten und Risiken aufgebürdete. Insofern kann Kernenergie nie nachhaltig sein.

Als ich aufwuchs, entstand die Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland. Das Logo mit der lachenden roten Sonne und dem Slogan „Atomkraft? Nein Danke!“ kennen vermutlich die Meisten von uns.

Weniger bekannt dürfte die wechselnde Haltung der SPD zur Atomkraft sein.
In den 1950er Jahren und frühen 1960er Jahren vertrat die SPD eine grundsätzlich positive Haltung zur Nutzung von Atomenergie. Die Partei sah die Atomenergie als vielversprechende Technologie zur Lösung der Energieprobleme der Nachkriegszeit und zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums.

In den 1970er Jahren wandelte sich die Haltung der SPD jedoch. Die Partei erkannte zunehmend die Risiken und Gefahren der Atomenergie, insbesondere nach der Katastrophe von Three Mile Island im Jahr 1979. Die SPD forderte daher eine stärkere Regulierung der Atomenergie und setzte sich für eine schrittweise Reduzierung der Atomkraftwerke ein.

In den 1980er Jahren verschärfte die SPD ihre Haltung zur Atomenergie weiter und setzte sich für einen Ausstieg aus der Atomkraft ein. Dies wurde schließlich zum Teil auch in der rot-grünen Regierung von 1998 bis 2005 umgesetzt, als die SPD den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie beschloss und die Stilllegung aller deutschen Kernkraftwerke bis spätestens 2022 durchsetzte.

Ende des Fortschrittsglaubens

Seit dem Ende der rot-grünen Regierung hat die Haltung der SPD zur Atomenergie einige Veränderungen erfahren. Einige Parteimitglieder haben argumentiert, dass Deutschland ohne Kernenergie nicht vollständig mit Energie versorgt werden kann und dass der Atomausstieg zu höheren Energiepreisen und einem höheren CO₂-Ausstoß führen wird. Die Partei als Ganzes hat jedoch immer noch eine kritische Haltung zur Atomenergie und setzt sich für den Ausbau erneuerbarer Energien ein.

Für mich ist die SPD damit auch ein positives Beispiel dafür, wie Politik die Ängste in der Bevölkerung aufgreifen kann. Verdeutlicht wird auch, dass bedingungsloser Fortschrittsglaube gefährlich werden kann. Wir sollten das im Hinterkopf behalten.

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