Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Der Amoklauf in Hamburg erinnert uns erneut an ein viel zu lasches Waffengesetz in Deutschland. Sportschützen werden dadurch privilegiert.

Zeugen Jehovas

Nach sieben Tagen beschäftigt mich der Amoklauf in Hamburg in mehrfacher Hinsicht. Es gibt einen alten, rückblickend geschmacklosen Blogeintrag von mir. Dazu kommt noch eine klare Haltung, was die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas betrifft. Meiner Meinung nach ist das eine Sekte, die man nicht unterschätzen darf. Was Aussteiger berichten, ist nicht ohne. Mir sind Gruppierung mit einem totalitären Anspruch, über die alleinige Wahrheit zu verfügen, zutiefst suspekt. Über die Zeugen Jehovas weiß ich auch eine ganze Menge, familiär bedingt. Nein, weder ich noch meine Familie gehörte jemals zu denen, aber mein Vater hat lange Zeit großen Spaß daran, mit ihnen zu diskutieren. Er ließ sich auch regelmäßig deren Hauszeitschriften Erwachet! und Wachtturm schenken. Bei uns standen auch einige Bücher im Regal, zum Beispiel die „Falschspieler Gottes“.

Darüber wollte ich aber heute nicht schreiben. Zuerst einmal möchte ich an dieser Stelle an etwas sehr Wichtiges erinnern. Beim Amoklauf in Hamburg wurden sieben Menschen getötet, eine ganze Reihe zum Teil schwer verletzt. Der Mutter des erschossenen ungeborenen Kindes gilt mein tiefstes Mitgefühl. Man muss den Glauben der Zeugen Jehovas nicht teilen, aber man darf, nein sollte, ihre Trauer teilen. Ein anderer Glaube sollte uns nicht daran hindern, einander als Menschen zu erkennen und zu respektieren.

Waffenrecht im Vergleich

Wie bereits erwähnt, mir geht es beim schreiben über den Amoklauf nicht um die Glaubensgemeinschaft, sondern um das deutsche Waffenrecht im Allgemeinen und die Sportschützen im Speziellen. Ziemlich sicher bin ich mir auch, dass die Sportschützen eine deutlich größere Lobby in Deutschland haben als die Zeugen Jehovas Mitglieder. Schreibt man als etwas über das Thema Waffenrecht, wird man sich bei ersteren sicher nicht beliebt machen.

Waffenrecht ist ein heißes Eisen. Grundsätzlich bin ich an dieser Stelle aber froh, in Deutschland und nicht in den USA zu leben. Allerdings ist bei uns noch sehr viel Luft nach oben. Ein Blick nach Japan. In einer sechs Jahren alten Ausgabe vom Handelsblatt findet sich eine interessante Statistik. Auf 100 Einwohner in Deutschland kommen statistisch betrachtet 30 Feuerwaffen. In Japan sind es 0,6 pro 100 Einwohner. Dort gibt sehr strenges Waffengesetz, was den Besitz von Feuerwaffen in Prinzip nur auf Berufe beschränkt, die Waffen benötigen.

Das führt doch zu nichts, würden Sportschützen jetzt vermutlich einwende. Nun, Japan gehört zu den Ländern weltweit mit der niedrigsten Tötungsrate — übertroffen nur von Zwergstaaten wie Vatikanstadt.

Hobby der Sportschützen

Nun ist mir natürlich schon klar, dass man Menschen in einer Gesellschaft nicht in Watte packen kann. Selbst in Spielstraße kann ein Kind von einem in Schrittgeschwindigkeit fahrenden Auto angefahren werden und zu Tode kommen. Allerdings gibt es schon deutliche Unterschiede. Um beim Beispiel zu bleiben: bei dem angefahrenen Kind wird es wohl eher um einen Unfall denn um eine geplante Tat handeln. Zudem ist der primäre Zweck eines Autos nicht der, damit Menschen zu überfahren. Bei Waffen stellt sich das zumindest für mich anders da.

Eine Waffe ist eine Waffe. Deren primärer Verwendungszweck ist das Töten, nicht der Sport. Es sei denn, man betrachtet Töten als Sport (was aber wieder ein ganz anderes Thema wäre). Selbst wenn man beide Augen verschließt und das Sportargument stehen ließe, welche die Sportschützen immer vorbringen, wenn es um ein schärferes Waffenrecht geht, muss man eine Frage zulassen. Nämlich die, warum man diesen „Sport“ denn mit halbautomatischen Waffen und scharfer Munition ausüben muss/darf. Soweit ich weiß, gibt es auch Luftgewehre oder Luftdruckpistolen, die deutlicher harmloser sind als 22 Magazine für eine Heckler & Koch Pistole.

Waffenverbot sofort

Kürzen wir mal an der Stelle etwas ab. Ein striktes Waffenverbot in Deutschland so wie in Japan wäre die beste Option. Es gibt keine rationalen Gründe dagegen. Jeder bei einem Amoklauf getötet Mensch in Deutschland sollte uns daran erinnern. Leider wird es jedes Mal erneut im Sande verlaufen, weil die Lobby der Sportschützen und anderer, die ein Interesse an einem laschen Waffengesetz haben, zu groß ist. Wer für sein Hobby eine Waffe mit scharfer Munition benötigt, hat definitiv das falsche Hobby. Und mit Sport hat das schonmal gar nichts zu tun.

4 Kommentare

  1. Als Sportschütze möchte ich mich mal sachlich zu dem Artikel äußern. Ich selbst schieße nur olympische Disziplinen (Kleinkaliber und Luftdruck). In meinem Verein gibt es auch sehr viele Großkaliber Schützen. Ich mache das ganze schon seit über 20 Jahren und kann bestätigen, dass man im Schützenverein nicht zum Mörder ausgebildet wird. Es geht nur um das sportliche Schießen auf Ring Scheiben. Beim Schießen verbessert man sein Körper- und Muskelgefühl, die Motorik, die Konzentration sowie die mentale Stärke. Es gibt auch Studien, dass Schießen hilfreich bei ADHS Patienten ist. Der Schieß Sport hat somit auch seine Berechtigung.
    Aufgrund der vielen Großkaliber Schützen, würde ein komplettes Waffenverbot nur dazu führen, dass sehr viele Schützenvereine schließen müssten.
    Es geht natürlich nicht, dass man ein Hobby über die Sicherheit der Bevölkerung stellt, gar keine Frage. Bei allem Respekt von den Opfern und deren Angehörigen, behaupte ich dennoch, dass die meisten der durch Sportschützen verübten Morde, trotzdem passiert wären. Diese Personen haben nicht gemordet, weil sie Sportschützen sind sondern, weil offensichtlich psychische Probleme haben. Ohne denn Besitz legaler Schusswaffen, hätten sie stattdessen eine andere Tatwaffe verwendet oder sich illegal Schusswaffen besorgt. In meinen Augen verhindert ein generelles Waffenverbot keine Morde. Es führt jedoch zu einem massiven Vereinssterben.

    1. Nur ein paar Gedanken dazu. Wenn es nur um das sportliche Schießen und die positiven Effekte geht, warum dann nicht mit einem Lichtpunktgewehr oder einem Luftgewehr? Meiner Meinung nach wäre das ein guter Ersatz.

      Btw: Bei ADHS hat such auch Bogenschießen bewährt. Wobei es beim Bogenschießen einen Unterschied gibt: Es gibt erstaunlich wenig Meldung über Amokläufe mit Recurvebögen.

      1. Sie haben recht, wenn Sie schreiben, dass aus sportlicher Sicht Luftdruck-, Bogen- und Lichtpunktschießen ausreichend ist.
        Wie schon gesagt schieße ich selbst kein Großkaliber. Mir geht es in erster Linie darum klarzustellen, dass Sportschützen mit Mördern gleichzustellen. Die Sportschützen, die in der Vergangenheit Morde begangen haben, taten dies nicht, weil sie Sportschützen waren, sondern weil Sie erhebliche psychische Probleme hatten, wie jeder andere Mörder auch. Ich behaupte, dass zumindest die meisten Morde trotz eines generellen Waffenverbots trotzdem passiert wären. Entweder mit illegalen Schusswaffen oder eben mit einer anderen Tatwaffen. Ob ich mit dieser These recht habe, lässt sich natürlich schwer beweisen. Fest steht jedoch, dass mindestens 70 bis 80 Prozent der Schützenvereine aussterben werden, wenn ein generelles Waffenverbot beschlossen wird. Deshalb bin ich gegen ein solches Verbot.
        Die meisten Straftaten werden immernoch mit illegalen Schusswaffen begangen. Wieso? Weil es in Deutschland deutlich einfacher ist, illegal eine Schusswaffe zu erwerben als Legal.

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