Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In Zeiten knapper Kassenverspricht der Verkauf des Tafelsilbers eine schnelle Lösung. Emden will sich vom Frisia-Industriepark trennen.

Tafelsilber zum Verkauf

Kommunen spielen eine wichtige Rolle in der Umsetzung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit auf lokaler Ebene. Sie haben die Verantwortung, eine umweltfreundliche und sozial gerechte Stadtentwicklung zu fördern und gleichzeitig die Finanzen ihrer Gemeinden zu verwalten. Eine Möglichkeit, um kurzfristig Einnahmen zu generieren, besteht darin, städtisches Eigentum zu verkaufen. Doch sollten Kommunen nicht leichtfertig dazu greifen, sondern sorgfältig abwägen, welche Auswirkungen ein solcher Verkauf hat.

Leider nur eine schöne Vision, denn über dieses Verscherbeln von Tafelsilber habe ich in der Vergangenheit bereits mehrfach geschrieben. Es ist häufig das gleiche Lied. Für kurzfristige Gewinnen und zur Sanierung des Haushalts wird das Tafelsilber verkauft. Dabei sind die Einnahmen dann früher oder später aufgebraucht und man steht erneut vor finanziellen Herausforderungen, ohne dass man diesmal auf Rücklagen zurückgreifen kann.

Insbesondere beim Verkauf von Infrastruktur sollte man mehr als nur einmal nachdenken, welche langfristigen Risiken man damit eingeht. Es ist mehr als nur ärgerlich, wenn man wie Köln eine Messehalle von einem Investor anmieten muss, weil man einen fragwürdigen Deal eingegangen ist, welche nur der König von Köln dient.

Abschreckende Beispiel gibt es reichlich, daher sollte sich die Stadt Emden wirklich gut überlegen, ob der Frisia-Industriepark wirklich leichtfertig verkauft werden sollte.

Besitzverhältnisse beim Frisia-Industriepark

Dröseln wir mal die Fakten etwas auf. Der Frisia-Industriepark gehört der Zukunft Emden GmbH. Die einzige Gesellschafterin der Zukunft Emden GmbH ist die Stadt Emden. Entsprechend sind die Einflussmöglichkeiten bei einem Verkauf des Industrieparks. Im Aufsichtsrat der Zukunft Emden sitzen daher auch Politiker unterschiedlicher Parteien aus Emden. Laut Emder Zeitung ist man sich im Aufsichtsrat derzeit aber nicht einig, ob man einem Verkauf zustimmen soll. Insbesondere seitens CDU und SPD gibt es Vorbehalte, während der parteilose Oberbürgermeister Tim Kruithoff den Verkauf befürwortet.

Auch im Rat der Stadt gibt es Vorbehalte. So wird von verschiedenen Seiten darauf hing gewiesen, dass der erzielte Gewinn durch einen Verkauf nachhaltig angelegt werden müsse.

Bei einem vollständigen Verkauf droht auch ein Verlust von Kontrolle: Wenn der Frisia-Industriepark an einen privaten Investor verkauft wird, verliert die Stadt ihrer Kontrolle über den Park. Die Stadt kann keine Entscheidungen mehr treffen, die im besten Interesse der Bürger und der Kommune liegen.

Ausweg Erbpacht

Auf der anderen Seite ist die Frage durchaus berechtigt, ob die Stadt Eigentümerin und Betreiberin eines Industrieparks sein muss und ob dies zu ihren Kernaufgaben gehört. Ein privater Investor könnte den Frisia-Industriepark vermutlich effizienter betreiben und neue Firmen anwerben. Jemand, der auf den Betrieb eines Industrieparks spezialisiert ist, verfügt oft über mehr Erfahrung und Ressourcen, um den Park zu modernisieren und zu optimieren.

Ein Ausweg könnte hier ein Teilverkauf sein. Die Gebäude werden verkauft, die Fläche selber wird als Erbpachtfläche zur Verfügung gestellt. Dabei ist Erbpacht ein Rechtsverhältnis, bei dem eine Person das Recht hat, ein Grundstück zu nutzen und zu bebauen, ohne es tatsächlich zu besitzen. Stattdessen wird das Land von einer anderen Person oder Institution besessen, die als Erbpachtgeber bekannt ist. Das hat für die Stadt Emden eine Reihe von Vorteilen.

Durch die Vergabe von Erbpachtverträgen kann sichergestellt werden, dass Grundstücke langfristig genutzt und gepflegt werden, ohne dass sich der Eigentümer ändert. Dies kann dazu beitragen, den Wert des Eigentums langfristig zu erhalten und die Stadtstruktur stabil zu halten.

Die Erbpacht kann auch eine größere Flexibilität bei der Entwicklung von Grundstücken bieten. Da die Stadt nicht das Eigentum an den Grundstücken besitzt, kann sie die Bebauungspläne und Nutzungskonzepte anpassen. Dies kann dazu beitragen, dass die Stadtentwicklung besser auf die Bedürfnisse der Kommune abgestimmt ist.

Hier ausschließlich bei einem vollständigen Verkauf daraufzusetzen, dass ein Investor das Industriegebiet im Sinne der Stadt weiterführt, ist mindestens blauäugig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner