Insbesondere als Mieter weiß man die Einhaltung von Baunormen zu schätzen. Die Kreativität von Architekten sollte einen Rahmen haben.
Einstürzende Hausbauten
Deutschland als Land, in dem es zu viele Vorschriften gibt. Eine Vorstellung, die sich erstaunlich hartnäckig in den Köpfen hält. Genauso wie die Ansicht, die Vorschriften und Normen würden nur dazu dienen, die Bürgerinnen und Bürger zu gängeln.
Deutsche Baunormen fallen einem auch selten ein, wenn irgendwo anders auf der Welt ein Haus eingestürzt ist, weil einfach so nach „Gefühl“ gebaut wurde. Oder aber, weil aus Geldgier auf sämtliche Vorsichtsmaßnahmen verzichtet wurde.
Man muss aber den Teufel nicht gleich an die Wand malen. Oft reichen schon kleinste Abweichungen von den Baunormen. Oder sie wurden ganz knapp erfüllt. Wie sich so was anfühlt, habe ich acht Jahre lang als Bewohner der autofreien Siedlung in Köln-Nippes täglich erleben dürfen. Depressiv machende Höhe von Decken, die nicht so dick waren, dass man die Nachbarn nicht hörte. Es mag ja durchaus Menschen geben, die gerne am Leben ihrer Nachbarn beteiligt sind — ich für meinen Teil möchte mir das aussuchen können und nicht Opfer der Bausubstanz werden.
Häuser, die so stehen, dass der Schall sich ungünstig bricht — auch kein Zuckerschlecken. Anders gesagt, bei allem, was das Thema Architektur angeht, werde ich hellhörig. Insbesondere, wenn jemand behauptet, Baunormen würden einschränken.
Schutz durch Baunormen
In der Süddeutschen Zeitung vom Wochenende geht es im Artikel „Gegen die Norm“ um den Kopf einer Hydra — nein, nur um die 3.500 Baunormen, die laut Architektin Andrea Gebhard zu sehr einschränken. Daher arbeite man an einem Gebäudetyp E.
Mich bringen die im Interview geäußerten Ansichten von Gebhard wirklich auf die Palme. Ein Beispiel:
Wir hören die Nachbarn, wir hören sie auf dem Balkon und wir hören auch, wenn jemand nachts nach Hause kommt und sich laut unterhält. Aber das ist normales Leben. Im Augenblick gibt es den Komfortanspruch, dass es keinerlei Geräusch in der Wohnung geben darf.
Andrea Gebhard
Sorry, aber ich will wirklich meine Ruhe haben. Jetzt kann man natürlich den Standpunkt vertreten, dass jeder für sich selber entscheidet, ob er den Gebäudetyp E bauen lässt oder doch lieber nach den regulären Baunormen sein Haus errichten lässt.
Im Prinzip richtig, aber was ist mit Mehrfamilienhäusern, die ein Investor bauen lässt? Erfahre ich als potenzieller Mieter, ob meine Wohnung unter den Gebäudetyp E fällt? Wohl eher nicht.
Für mich ist es kein Komfortanspruch, wenn es in den eigenen vier Wänden ruhig ist. Man sollte im Übrigen wie Frau Gebhard seine persönliche Lebenseinstellung etwa zu Lärm als Maßstab für alle anderen anlegen.
Wenn man sich als Architekt in seinem Beruf eingeschränkt fühlt, nun dann gibt es eine Alternative zum Gebäudetyp E. Einen anderen Beruf, zum Beispiel den als bildender Künstler.