Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Gewinnstrategie für Brettspieler

Ausbalancierte Brettspiele sind eine Kunst für sich. Eine einzelne Gewinnstrategie darf nicht beständig zum Sieg führen.

Bilder einer Ausstellung

Befremdlich und doch wunderschön, so wirkt auf mich nach wie vor das Werk „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski auf mich. Musik triff Malerei. Schon das erste vertonte Bild, Gnomus, kann man sich vor seinem inneren Auge vorstellen, ohne es je gesehen zu haben. Für mich ist die Komposition zudem ein Beleg, wie anhaltend Erfahrungen in der Schulzeit, also guter Unterricht, sein können.

Weniger erfolgreich trug der Kunstunterricht jedoch dazu bei, mir ein Verständnis für abstrakte Kunst nahezubringen. Meine Meinung zu abstrakter Kunst ist nach wie vor nicht zitierfähig. Oder sagen wir mal so: Kunst kommt nicht von Können. Ironisch nimmt es das Spiel Vernissage von Klaus Teuber auf den Arm. Kunst als Spekulationsobjekt. Als ich das Spiel 1994 kaufte, befand sich die Brettspielwelt gerade in einer spannenden Phase. Noch ahnte niemand, wie sehr Teuber die Spielewelt mit den Siedlern von Catan verändern würde.

In der Zeit Mitte der 1990er Jahre spielte ich sehr viel. Die Spieler gehören für mich nach heutiger Einsortierung nicht zu den typischen Eurogames, sie sind stark interaktiv gewesen, ohne aggressive player elimination. Man konnte in Ruhe an einer eigenen Gewinnstrategie arbeiten.

Erfolgreiche Gewinnstrategie

Tipps, wie man häufiger Brettspiele gewinnt, gibt es haufenweise. In der Regel sind es jedoch Allgemeinplätze, denn meiner Meinung nach braucht man für jedes Spiel eine eigene Gewinnstrategie. Eines jedoch scheint übergreifend zutreffend zu sein. Eine Erfahrung aus meiner mehrjährigen Zeit als Go-Spieler: verliert man die Initiative des Handelns und reagiert nur noch auf die Züge der Mitspieler, wird man nicht gewinnen können.

Nach zwei verlorenen Partien „Clash of Cultures“ habe ich für mich aufgegeben, dort nach einer Gewinnstrategie zu suchen. Wenn die Gegenspieler genügend Druck aufbauen können, steht die Niederlage bereits nach Runde drei fest, auch wenn sich die Partie noch in die Länge zieht.

Gestern Abend kam es uns aber in der Nachbesprechung so vor, als ob dafür nicht die bessere Gewinnstrategie des Gegenspielers die Ursache wäre, sondern ein Designfehler im Spiel.

Wenn man den Bereich Kriegsführung freigeschaltet hat und dort anschließend Musterung erforscht, so wie die damit verbundene Regierungsform Autokratie, ergibt „Nationalismus“ einen starken spielerischen Vorteil. Bei der Rekrutierung kann man für eine Infanterie statt für Ressourcen für einen Stimmungsmarker erhalten. Diesen Stimmungsmarker erhält man durch Nationalismus wieder zurück. Das ist pro Rekrutierung ein Infanterie-Einheit gratis. Mitspieler, die nicht genau den gleichen Forschungszweig bestreiten, stehen einer nahezu unüberwindbaren Militärmacht gegenüber.

Einseitige Strategien

Mit anderen Worten, es gibt eine Gewinnstrategie, die mehr oder weniger die spielerische Freiheit aushebelt. Was nützen mir die ganzen schönen Optionen und Forschungsmöglichkeiten bei Clash of Cultures, wenn ich dadurch sicher verliere?

Für mich war das gestern Abend ein Déjà-vu. Sofort fiel mir Charterstone ein. An sich ein wunderschönes Spiel, was mir aber verleidet wurde. In der zweiten Hälfte der Kampagne steuerte ich auf den sicheren Sieg der gesamten Kampagne zu, weil ich mit ein und derselben Strategie immer gewonnen. So was ist nicht befriedigend, sondern langweilig. Spiele, bei denen so was möglich ist, sind eigentlich kaputt.

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