Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Genau 80 Jahre nach der Wannseekonferenz zeigt das ZDF einen eindrucksvollen Spielfilm. Ein Musterbeispiel für geschichtliche Aufklärung.

Verat an Anne Frank

Wie entwickelt man als junger Mensch eine Haltung zum Nationalsozialismus in Deutschland? Eine nicht unwichtige Frage für Deutsche. Während meiner Zeit auf der Realschule (5. bis 10. Klasse) kam das Thema sowohl im Geschichtsunterricht als auch im Deutschunterricht vor, da unsere damalige Klassenlehrerin beide Fächer unterrichtete. Den Film „Nacht und Nebel“ werde ich genauso wenig vergessen wie das Buch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“. Ob wir uns im Unterricht auch mit dem Tagebuch von Anne Frank auseinandersetzen, ist mir nicht mehr bekannt. Auf jeden Fall habe ich es im Regal stehen und auch gelesen.

Diese Woche gab es zum Thema Anne Frank einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Ein internationales Recherche-Team hat angeblich die Person ausfindig machen können, die damals das Versteck von Anne Frank und ihrer Familie in den Niederlanden verriet. Bereits beim lesen des Artikels stellte ich mir die Frage, ob und wem die angeblichen Erkenntnisse etwas nützen. Die Faktenlage ist wohl sehr dünn. Mittlerweile gibt es in der Fachwelt massive Kritik an den Ergebnissen des Recherche-Teams. Ein jüdischer Notar soll Anne Franks Versteck verraten. Klingt ein wenig nach einer bequemen Ausrede.

Kommen wir aber zu eingehenden Frage zurück. Mich prägte der Unterricht, zu Hause blieb das Thema unausgesprochen. Dennoch, nicht alle Mitschüler entwickelten die gleiche Haltung.

Deutsches Erbe

Für mich gibt es keinen Zweifel an den Verbrechen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verübt wurden. Die Entrechtung und massenhafte Ermordung von Menschen ist eine Schuld, die uns Deutsche immer begleiten wird. Es ist unsere Pflicht, auch nachfolgenden Generationen mit der Wahrheit über das dunkelste Kapitel unserer Geschichte zu impfen. Niemals, niemals darf sich so etwas wie der Nationalsozialismus wiederholen.

Es darf sich keine Müdigkeit einschleichen. Auch wenn wir Älteren mitunter stöhnen mögen, wenn schon wieder eine Hitler-Doku zu sehen ist oder uns erneut die Fratze von Titelblatt des SPIEGELS ansieht. An dieser Stelle muss man auch hervorheben, wie wichtig hier Institutionen wie die Bundeszentrale für politische Bildung und unsere öffentlich-rechtlichen Fernsehsender sind. Zum 80. Jahrestag der Wannseekonferenz (20. Januar 1942) bringt das ZDF einen Spielfilm über den möglichen Ablauf.

Wannseekonferenz

Zur Erinnerung: Auf der Wannseekonferenz wurde die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen — quasi die industrielle Tötung von Menschen. Bevor man die Vorgehensweise, die Wannseekonferenz als Spielfilme zu zeigen, infrage stellt, solle man sich den Film ansehen. Danach erübrigt sich alles andere. Man bekommt keine Nazi-Karikaturen wie in anderen Doku-Dramen gezeigt. Sondern sieht die Glanzleistung hervorragender Schauspieler. Die bürokratische Nüchternheit, die Sprache. All das macht den Film über die Wannseekonferenz zu einer erdrückenden Erfahrung.

Man weiß, was hinter Formulierungen wie „Juden wegarbeiten“ steckt und es läuft einem eiskalt über den Rücken. Natürlich ist bis auf ein Protokoll von der Konferenz nichts überliefert. Die Dialoge wurden allerdings auf Basis dessen geschrieben, was die betreffenden Personen in anderen Zusammenhängen zum gleichen Thema von sich gegeben haben.

Persönlich halte ich den Film für sehenswert. Für mich ist es sogar ein Film, den man in deutschen Schulen zeigen müsste. Eingebettet in den Unterricht, denn ohne Hintergrundwissen erschließt sich nicht die Grausamkeit dessen, was beschlossen wurde auf der Konferenz.

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