Der Untergang Ostfrieslands beginnt mit der Verödung der Innenstadt in Emden. Zumindest wenn man an urbane Legenden glaubt.
Erkenntnis statt meckern
Relativieren wir das Ganze schon mal direkt zu Beginn. Emden ist zwar die größte Stadt in Ostfriesland, aber eben nicht ganz Ostfriesland. Emden ist berühmt für seinen Matjes, das Kunstmuseum und sicher noch ein paar andere Dinge. Für eine besonders herausragende Fußgängerzone ist die Stadt an Ems und Dollart jedoch nicht bekannt.
Freunde eines gepflegten Shopping-Erlebnisses werden eher anderswo fündig, etwa in Leer. Auf alten Fotos von Emden sind noch Kaufhäuser zu sehen, die es in der Form nicht nur hier nicht mehr gibt. Bei der Emder Fußgängerzone selber muss man einfach sagen, es ist, wie es ist. Viel Gestaltungsmöglichkeit bietet der derzeitige Zustand eher nicht. Alles komplett abreißen würden den Kritikern wohl auch nicht gefallen.
Verbesserungsmöglichkeiten gibt es natürlich, aber die wird man eher Dialog finden.
Kommen wir aber zu dem, wo manche Emder den Untergang wittern — zumindest in den sozialen Medien. Aus dem DollartCenter verabschiedet sich die Filiale der Modekette „New Yorker“. Dafür kann die Stadt Emden nichts. Pauschalaussagen wie „Emden schafft sich ab, kein Wunder, wenn die jungen Leute aus Emden flüchten“ helfen wenig.
Im Übrigen, es gibt einen nicht geringen Anteil der Bevölkerung, die einen anderen Modegeschmack hat als New Yorker ihn bedient. So gesehen ist die Schließung der Filiale kein Untergang, sondern ein Gewinn.
Chancen statt Untergang
Wechselnde Mieter in Einkaufspassagen sind nicht nur in Emden keine Seltenheit. So was kenne ich aus Köln genauso wie aus Bielefeld. Beim Jahnplatz-Forum gab es dafür von einem Objektbetreuer mal eine sehr treffende Bezeichnung: „wechselnde Angebotsstruktur“. Im jedem (vermeintlichen) Untergang steckt immer auch ein Neuanfang.
Der Einzelhandel ist derzeit einem extrem starken Wandel unterworfen. Mit Corona hat das nur am Rande zu tun. Daher kann man den Virus oder aber die staatlichen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung nicht für den Untergang verantwortlich machen. Machen wir uns doch nichts vor, der Onlinehandel hat an erheblicher Bedeutung gewonnen. Auch die, über das ach so traurige Bild von Emden meckern, tun das im Internet — und haben sich schon mal online eingekauft.
Wenn wir schon von Untergang der Innenstädte reden, sollten wir gerade die Shopping-Center auf der grünen Wiese nicht außer Acht lassen. Das DollartCenter hat mit der Innenstadt in Emden nämlich nicht viel zu tun.
Zusammenhänge außer Acht lassen und mal schnell einen Kommentar verfassen ist aber recht einfach. Sich mit den Wechselwirkungen und Ursachen beschäftigen ist dagegen nichts für Denkfaule.