Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Selbst in Emden gibt es nach der Bundestagswahl braun gefärbte Stadtteile. Blau ist nämlich nur der offizielle Anstrich der AfD.

Grüner wird es nicht

Bei einem Umzug aus deiner Großstadt in eine Kleinstadt im Norden muss man einiges an gewohnten Möglichkeiten hinter sich lassen. Dazu gehört etwa die Möglichkeit, eine breite Auswahl an Einkaufsmöglichkeiten. Gut, als Kölner weiß man natürlich, dass man zum Klamotten kaufen besser nach Düsseldorf fährt. Aber für den ganzen Rest ist Köln ein wahres Einkaufsparadies. Allein 13 Kaffeeröstereien lassen für Koffein-Junkies keine Wünsche offen.

Genau so ist es in Bezug auf Bioläden. Das Angebot in Köln ist breit gefächert. Beim Umzug nach Emden war es uns durchaus bewusst, wie es hier vor Ort aussieht. Es gibt lediglich ein Reformhaus, mehr nicht. Selbst meine Geburtsstadt Wesel ist da besser aufgestellt. Glaubt man der Emder Zeitung, schloss der Bioladen „Mutter Erde“ vor gut vier Jahren seine Türen.

Aber es gibt Hoffnung. Heute berichtete die Emder Zeitung über Thorben Kück, der das leerstehenden EDEKA-Gebäude an der Courbierestraße in einen Biosupermarkt umbauen wird. Dabei verfügt Kück bereits Erfahrung mit seiner Filiale in Leer. Noch vor Weihnachten soll die Eröffnung sein – für mich eine gute Ergänzung zur Biokiste.

Ein so ein grüner Tupfer in Emden ist mir persönlich lieber als einer in Braun. Dafür hat aber die Bundestagswahl gesorgt.

Ein Vergleich in Braun

Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff warnt in der aktuellen Emder Zeitung vor dem „braunen Sumpf“ in der Stadt. Ihn erschreckt die Anzahl der AfD-Wähler bei der Bundestagswahl in der Seehafenstadt — die sich selber gerne ein tolerantes Image gibt.
Ganze 2.034 Wähler (tatsächlich überwiegend Männer) wählten am vergangenen Sonntag braun. Klar, die AfD hat Blau als Farbe, aber bei den Inhalten ist die Ausrichtung deutlich. Zumal sich die Partei eher früher als später von Jörg Meuthen an der Parteispitze trennen wird. Bereits auf der Pressekonferenz am Montag ließ sich die künftige Richtung beobachten. Mit dem Duo Alice Weidel und Tino Chrupalla wird der Rechtskurs weiter fortgesetzt.

Zurück aber zu Emden. Die meisten Stimmen bekam die AfD in den Stadtteilen Barenburg (12,91 %), Transvaal I (16,39 %), Transvaal II (13,15 %), Port Arthur (15,19 %) und Friesland (19,75 %). Insgesamt erreicht die AfD in Emden 8,10 Prozent.

Emden hat im Übrigen mit 7,2 % einen im Bundesvergleich unterdurchschnittlichen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund. Ja, die Verteilung deckt sich mit den Stadtteilen, in den Stadtteilen mit höherem Ausländeranteil wird mehr AfD gewählt.

Sind Großstädte toleranter?

Für mich ist ein Vergleich von Köln und Emden in Bezug auf die AfD interessant. Köln ist weniger braun. Die AfD bleibt hier selbst in Bezirken wie Porz und Chorweiler unter 9 Prozent. Betrachtet man die Stadtteile, geht es etwas nach oben. Aber von einem Ergebnis wie in Friesland ist man in Köln weit entfernt — trotz des höheren Anteils an ausländischen Menschen in der Stadt.

Schaut man sich das Gesamtergebnis in Köln an, lässt sich sogar schon von einer grünen Hochburg sprechen. „Jede Jeck is anders“ ist vielleicht doch ein Stück verwurzelte Toleranz.

Wie dem auch sei, Köln ist Köln und Emden muss seine Probleme selber in die Hand nehmen. Wie heißt es so schön, braun wird es von ganz alleine. Kruithoff sieht im Interview auch die richtigen Stellschrauben. Etwa in der sozialen Wohnungspolitik und in menschenwürdigen Arbeitsplätzen. Gerade in Bezug auf die Wohnungspolitik besteht deutlicher Handlungsbedarf. Hier schließt sich dann auch der Kreis zum Biosupermarkt, der in deutlicher Nähe zum Wohngebiet Neuer Delft liegt. Luxuswohnungen für diejenigen, die es sich leisten können. So wie auch an anderen Baustellen in Emden.

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