Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Der rasche Vorstoß der Taliban in Afghanistan sorgt für sich überstürzende Ergebnisse. Menschen erden hilflos zurückgelassen.

Rückkehr der Taliban

Sprüche wie „das war abzusehen“ sind derzeit in Bezug auf Afghanistan und die Taliban zwar richtig, aber wenig hilfreich. Was derzeit in dem Land passiert, kann einen unglaublich wütend machen. Es ist schlichtweg Versagen auf ganzer Linie. Die demokratischen Kräfte in Afghanistan wurden im Stich gelassen und den Taliban hilflos ausgeliefert.

Damit wird jeglicher Einsatz in den vergangene 20 Jahren komplett entwertet. Von den 150.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ließen 59 in Afghanistan ihr Leben. Rückwirkend betrachtet ein sinnloses Opfer. Der Zustand vor dem Einsatz dürfte in wenigen Wochen wieder hergestellt worden sein. Alles, aber auch wirklich alles Erreichte ist aufs Spiel gesetzt worden.

Ungebremst setzt sich der Vormarsch der Taliban weiter fort, auch die Hauptstadt Kabul wurde bereits eingenommen. Panisch versucht die Bundesregierung jetzt, deutsche Staatsbürger und zum Teil auch Einheimische auszufliegen.

Der rechtmäßige afghanische Präsident Aschraf Ghani verließ bereits das Land. Man benötigt wenig Fantasie, um sich Art und Umfang der Vergeltungsmaßnahmen vorzustellen. Die Islamisten werden das Land wieder in den Würgegriff nehmen und ihr Steinzeitregime fortsetzen.

Wer immer sich auch vom schnellen Vorstoß überrascht zeigt, heuchelt uns nur was vor. Die Abfolge war klar, wie schnell oder wie langsam es gehen würde, unerheblich.

Mindestens Leben retten

Das Mindestes, was die deutsche Bundesregierung jetzt tun kann und muss: so viele Menschenleben wie möglich retten. Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel sollen mindestens 10.000 Menschen nach Deutschland gebracht werden.

Entsetzlich, was dem Bundeskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) dazu einfällt. Seiner Meinung nach dürfe sich 2015 nicht wiederholen. Mit anderen Worten, er ist gegen eine humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen. Offensichtlich ist es ihm egal, wenn die Taliban ihre Landsleute abschlachten. Menschlichkeit, wie sie die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel 2015 zeigt, muss sich unbedingt wiederholen.

Im Übrigen war es die CDU, die im Bundestag dagegen stimmt, die Ortskräfte rechtzeitig rauszuholen. Alles, was jetzt passierte, jeder einzelne Tote geht auf das Konto derjenigen, die für einen Abzug der Truppen aus Afghanistan gestimmt haben.

Niemand mit gesundem Menschenverstand hat doch ernsthaft geglaubt, mit den Taliban ließe sich verhandeln oder ein friedlicher Übergang gestaltet. Wer den Wolf die Schafe hüten lässt, weiß, was er tut.

Das äußerst unwürdige Ende des Afghanistan-Einsatzes, die dramatischen Szenen auf dem Flughafen in Kabul — ich kann verstehen, dass die betroffenen Menschen in Afghanistan auf unser Mitgefühl gerne verzichten. Unser Mitgefühl ist nämlich bedeutungslos. Wenn es darauf ankommt, ist der Wahlkampf im eigenen Land wichtiger als ein Menschenleben.

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