Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Das Hochwasser in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz lässt nur wenige kalt. Die Schuldfrage ist erst mal zweitrangig.

Ahrweiler unter Wasser

Die Bilder vom Hochwasser in Ahrweiler haben mich tief getroffen. Meine Frau und ich kenne die Region gut vom Wandern. Die Ahr selber neigt dazu, sich schnell von idyllisch in einen reißenden Fluss zu verwandeln. Die aktuelle Hochwasserkatastrophe übertrifft aber alles, was mir bisher bekannt war. Ja, auch andere Regionen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat es schwer, vielleicht sogar noch schwerer getroffen. Laut Presseberichten soll der Kreis Ahrweiler jedoch ein Schwerpunkt der Katastrophe sein. Bisher wurden über 50 Tote und 1300 Vermisste gemeldet. Selbst in Euskirchen sind die Auswirkungen des Hochwassers zu spüren.

Für mich war die Eifel bisher ein Wandergebiet, ein Gegengewicht zu Köln und zur Rheinregion. Ruhig, friedlich und mit Menschen dort, die sich ihre Herzlichkeit bewahrt haben. Das schuf Momente der Erholung vom Stress in Köln. Als Wanderer fühle man sich nie ausgegrenzt. Ganz neben ist das Gebiet auch eine Weinregion mit trefflich gutem Wein. Den Menschen dort (und natürlich auch anderswo) gilt mein vollstes Mitgefühl.

Auch wenn die Versuchung naheliegt, sollte das Hochwasser nicht als Thema für den Wahlkampf missbraucht werden. Insofern finde ich einen Armin Laschet in Leder-Slippern glaubwürdig als in Gummistiefeln. Es zeigt, hey, ich hab alles stehen und liegen gelassen und bin zu euch gekommen. Urlaub oder sonst was unterbrochen haben im Übrigen auch die anderen beiden Kandidaten.

Unterschätztes Hochwasser

Ja, das Hochwasser hat auch die Stadt schwer getroffen, in der ich 10 Jahre lang gelebt habe. Natürlich gilt mein Mitgefühl auch die Menschen in Köln, Häme ist hier wirklich fehl am Platz. Allerdings sehe ich einen Unterschied etwa zur Region Ahrweiler. Die Bilder aus Köln kommen mir nämlich leider zu bekannt vor.

Während meine Frau und ich in Köln lebten, haben wir zweimal eine Überflutung mitbekommen. Kein klassisches Hochwasser, bei dem der Reihe über das Ufer tritt — obwohl man das auch in der Domstadt kennt. Nein, Überflutungen durch Starkregen. Dabei ist unser Keller in der autofreien Siedlung ebenfalls zwei Mal vollgelaufen. So was macht keinen Spaß. Beim ersten Mal ist man noch verzweifelt, beim zweiten Mal schon wütend. Einem dritten Mal sind wir im letzten Sommer zu Glück noch entkommen, der Niederschlag hielt sich in Grenzen.

Der springen Punkt, auf den ich hinaus will: Zumindest in Köln ist es eine Katastrophe mit Ansage gewesen. Ziemlich sicher bin ich mir, dass dort, wo wir gewohnt haben, wieder die Keller vollgelaufen sind. Ursache hierfür ist fehlender Durchsetzungswille der Hauseigentümer und eine abwiegelnde Hausverwaltung.

Mangelhafte Vorbereitung

Statt einer vernünftigen, möglicherweise automatischen Wassersperre wurde ein paar Sandsäcke zum selber befallen angeschafft. Dabei gibt es vor Ort eine stark abschüssige Rampe zum Fahrradkeller und einen viel zu kleinen Abfluss. Was schon im Kleinen einfach nicht zu Ende gedacht wurde, gilt auch für größere Problembereiche.

So steht wieder mal etwa die Straßenbahnhaltestelle Geldernstraße/Parkgürtel unter Wasser. Ernsthaft Leute, das war absehbar. Seit dem letzten Mal wurde einfach Zeit verschenkt und auf Schutzmaßnahmen offensichtlich verzichtet. Zu befürchten ist, dass es diesmal genau so wieder laufen wird. Für mich ist das schwer nachvollziehbar, vor allem, da ich jetzt auch einen Vergleich habe. Hier oben im Norden ist Hochwasser ein ständiges Thema. Die Deiche sind nicht nur als Touristenattraktion vorhanden. Sperrwerke und Entwässerungen, das ist eine Aufgabe über Generationen hinweg.

Die Bedrohungslage wird überall durch den Klimawandel zunehmen. Die Frage ist nur, ob man zu denen gehört, die handel und zu den anderen, die den Standpunkt „Et kütt wie et kütt“ vertreten und die Hände in den Schoß legen. Die Fakten sind hinreichend bekannt.

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