Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die lautesten Schreier bekommen ihren Fuß in die Schultür. Der Erfolg von BOB3 lässt sich nur durch Marketing erklären.

Mach BOB3 fertig!

Eigentlich könnte mir Unterricht, vor allem in einem mittlerweile anderen Bundesland, völlig egal sein. Ich bin ja nicht mal Lehrer (geworden). Dennoch, ein grundsätzliches Interesse ist vorhanden, gerade auch, wenn es um den Informatikunterricht geht. Dazu kommt dann noch der Umstand, dass meine Frau hier in Niedersachsen an einem Emder Gymnasium Mathe, Bio und eben auch Informatik unterrichtet. Gemeinsame Interessen und Themen sind nicht nur am Küchentisch guter Gesprächsstoff.

So kam es dann, dass gestern Abend BOB3 im Raum stand. Eine hebemalige Kollegin aus Nordrhein-Westfalen bekommt über den Förderverein der Schule einen Klassensatz der Geräte bezahlt.

Eingesetzt werden soll BOB3 in einer sechsten Klasse. Niedlich sieht der Mikrocontroller ja aus, muss auch ich zugeben. Aber das ist schon fast das Einzige, was ich positiv sehe. Wie gesagt, wir reden hier von einer sechsten Klasse. Leider weiß ich nicht, welche der zwei verschiedenen Möglichkeiten angeschafft werden soll. Entweder der günstigere Bausatz zum selber löten oder das fertige Gerät. Preislich steht da etwas über 20 Euro zu etwas über 30 Euro im Raum.

Fangen wir mal dem Thema Löten an. Aus nunmehr eigener Erfahrung halte ich das für eine sechste Klasse nicht geeignet. Es erfordert gerade bei Platinen für Mikrocontroller Geschick, Erfahrung und Vorsicht. Mit einem Lötkolben kann man sich übel verletzen.

Informatik für Faule

Mal angenommen, BOB3 wir fertig montiert angeschafft. Das macht dann pro Schülerin und Schüler 30 Euro (großzügig abgerundet). Ich finde das verhältnismäßig viel Geld. Ausgestattet ist BOB mit ein paar LEDs, dem Mikrocontroller, einem Infrarotsensor sowie einem Phototransistor. Dazu USB-Anschluss und eine super-umweltfreundliche CR2032-Knopfzelle für die Stromversorgung.

Im Mikrocontroller ist zudem ein einfacher Temperatursensor integriert. Das war es. Soweit ich das recherchieren konnte, lässt sich BOB3 nicht erweitern. Für Lehrerinnen und Lehrer ist das alles möglicherweise etwas bequem, denn es gibt fertiges Unterrichtsmaterial sowohl für die Grundschule als auch Sekundarstufe I. Die Arbeitsblätter sorgen bei mir für Ausschlag. Die Komponenten werden erklärt, dann folgen Aufgaben wie diese:

Wie viele Leuchtdioden hat der BOB3, die weiß leuchten können? Kreuze die richtige Antwort an:

Mögliche Antworten dazu sind dann „fünf, eine, zwei, drei, vier, keine“. Sechste Klasse, 11 bis 12 Jahre alt.

Kommen wir mal zum Offensichtlichen. Ohne zusätzlichen Computer oder ein iPad zur Programmierung (egal ob in Scratch oder C) ist BOB wertlos. Meiner Meinung ist das ganze Konzept untauglich. Mikrocontroller mit deutlich mehr Möglichkeiten gibt es zum Beispiel mit dem ESP32 -der auch noch günstiger ist. BOB wird nicht durch viele Kinderhände gehen, bis er hinüber ist.

Das erheblich besser Konzept wäre aus meiner Sicht daher, einen Klassensatz Raspberry Pi anzuschaffen. Mit dem Einplatinencomputer hat kann man Experimente wie mit einem Mikrocontroller durchführen, hat aber gleichzeitig schon den Computer, den man zum Programmieren benötigt. Ich kann es nur wiederholt sagen: Das deutsche Einsteigerbuch zum Raspberry Pi ist quasi die Betriebsanleitung für mindestens ein halbes Jahr Informatikunterricht.

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