Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Erneut wird über Lockerungen für Geimpfte diskutiert. Fatal in dem Zusammenhang sind die zunehmenden Zweifel an der Impfgerechtigkeit.

Außerhalb der Reihe

Fangen wir mal umgekehrt an, bevor ich zur Presseschau über gehe. Das ganze Wochenende habe ich mit zunehmendem Zweifel verbracht. Zweifel an der Impfgerechtigkeit. Die bisherige Vorgehensweise nach Alters- und Risikogruppen ist meiner Meinung nach im Großen und Ganzen ok.

Sicher kann man über die Vorgehensweise diskutieren, auch über die Reihenfolge und die Priorisierungskriterien. In ein paar Monaten, wenn genügend Impfdosen vorhanden sind beziehungsweise, wenn wir alle geimpft sind (oder zumindest die, die geimpft werden wollen), ist das ehedem Schnee von gestern.

Was mich aber stark an der Impfgerechtigkeit zweifeln lässt, sind die Impfungen außerhalb der Reihe. Wenn es reicht, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, weil man über Beziehungen einen Tipp bekommen hat und zufällig Impfreste über sind.

Mittlerweile sind mir auch persönlich solche Fälle bekannt. Es ist völlig egal, in welchem Bundesland man wohnt oder sich aufhält, solange man die richtigen Leute kennt. Zu sehr ins Detail gehen möchte hier nicht, weil ich die Wahrung der Anonymität versprochen habe. Sonst wüsste ich davon nichts.

Es gibt in meinem Leben extrem selten Situation, wo ich neidisch bin. Diesmal bin ich es. Vor allem aber fühle ich mich betrogen.

Ausnahmen nur bei Impfgerechtigkeit

Die offensichtlichen Verstöße sind keine Ausnahme mehr. Zweifel an der Impfgerechtigkeit sind berechtig. Daher muss man die Diskussion um Ausnahmen für Geimpfte in einem ganz anderen Licht sehen.

Zum Wochenanfang wollen Bund und Länder über eine Gleichstellung von Geimpften, Genesenen und negativ getesteten Menschen, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. Die Einschränkungen der Freiheit und die Bestimmung von Auflagen sei nicht mehr gerechtfertigt, wenn von den Personengruppen keine Gefahr mehr ausgehe. Das ist sicher auch rechtlich so korrekt, zumal die Einschränkung von Freiheiten gut begründet werden muss.

Wiederherstellung der Grundrechte für Geimpfte, so ließe sich das auf den Punkt bringen. Der Haken an der Sache ist, dass sich niemand selber aussuchen kann, wann er geimpft wird — es sei denn, er gehört zu den Impfdränglern.

In einem Kommentar für die Emder Zeitung brachte das Ute Lipperheide gut auf den Punkt. Diese Manipulationen gefährden das Vertrauen in eine gerechte Aufteilung des Impfstoffes. Es daher mehr als nur eine Überlegung wert, über die Aufhebung der Impfpriorität zu diskutieren. Sämtlichen Maßnahmen geht die Legitimation verloren, wenn die Impfgerechtigkeit nicht sicher gestellt werden kann.

Wie gesagt, ich beobachte einen wachsenden Unmut auch bei mir selber. Die Frage ist allerdings, was passiert, wenn man wie der bayrische Ministerpräsident Markus Söder in Aussicht stellt, die Impfreihenfolge im Mai aufzuheben. Wir es gerechter zugehen oder bei gleichbleibender Versorgungslage mit Impfstoff noch ungerecht werden?

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