Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Analoge Zeitplansystem wie tempus wirken angesichts digitaler Lösung wie ein Anachronismus. Ihr Vorteil liegt in der Entschleunigung.

Dachbodenfundstücke

Bei meinem wieder entdeckten tempus Kalender von einem Dachbodenfundstück zu sprechen, ist ein wenig geflunkert. Wir haben hier in Emden im Haus nämlich keinen Dachboden, ganz oben unterm Dach befinden sich unserer Arbeitszimmer. Dort lag seit dem Umzug der tempus in einer Regalschublade, von dessen Inhalt ich selbstverständlich wusste.

In den vergangenen Tagen beschäftigte mich die Frage, was ich mit meinem alten Kalendersystem noch anfangen sollte. Zuletzt benutzt wurde es im Jahr 2001 — laut eigener Aussage. In dem Jahr schafften sich meine Frau und ich einen Handspring Visor an, ein günstiger Klon des Palm Pilot. Ein digitaler Assistent mit Kalender. Heute kann man mit so was keinen Blumentopf mehr gewinnen, den jedes Smartphone ist um ein Vielfaches leistungsfähiger. Aber hey, auf meinem Visor las ich damals im Zug den ersten Band von Harry Potter. Zudem RSS-Feeds, Zeitungsartikel und einiges mehr.

Im Rahmen des Umzugs entsorgte ich dann jedoch den Visor. Was sollte ich auch damit, denn ohne lauffähige Software auf dem Mac als Schnittstelle ist das Gerät mehr oder weniger nutzlos. Anders sieht es dagegen bei analogen Kalendersystemen aus. Die brauchen keine Software, ihre Verwendung hängt aber an der Aktualisierung der „Hardware“ (sprich, ob es dafür noch ein Kalendarium gibt).

Zurück zum tempus

Wie man auf dem Artikel-Foto vielleicht erkennen kann, habe ich ein Echtleder-Ringbuch mit Namensprägung — ein Geschenk meiner Frau zu Weihnachten. An dem Stück hängen nicht nur Erinnerung, es war (und ist) auch verdammt teuer. Für mich gibt es daher genau zwei Möglichkeiten. Augen zu und das Ding einfach entsorgen. Oder aber hervorkramen und einem Verwendungszweck zuführen.

Für die zweite Option habe ich mich jetzt entschieden — noch ist das Jahr jung und ein neuer Kalender ist keine Verschwendung. Klar musste ich jetzt erst mal ordentlich was ausgeben, da ich nicht nur ein neues Kalendarium für den tempus benötige. Das Zeitplansystem besteht noch aus einer Reihe weiterer Teile, die bei mir alle in die Jahre gekommen sind. Auch die Kunststofftrenner haben die achtlose Lagerung nicht gut überstanden.

Grundsätzlich ist die Frage berechtigt, warum ich mich überhaupt abgeben möchte. Im Home Office habe ich doch den Kalender am Bildschirm fast direkt vor der Nase. Zudem kann ich Termine mit meiner Frau abgleichen.

Sagen wir mal so, der tempus wird in diesem Jahr ein Teil meiner Strategie zur Entschleunigung sein. Zurück zu analogen Eingabe — wobei es mir nicht darum geht, wichtige Termine einzutragen, sondern Gedanken und Idee festzuhalten. Auch, um ein anderes Gefühl für die Zeit zu bekommen. Schließlich um die Wertschätzung der Dinge und das nicht vergessen, wie man mit Hand schreibt. Letzteres kommt nämlich in einem überwiegend digitalen Alltag viel zu kurz.

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