Online Bestellungen sind genau so wie Pakete weder gut noch schlecht. Innenstädte lassen sich daher nicht mit einer Steuer retten.
Schnapsideen zum Frühstück
Das Känguru von Marc-Uwe Kling mag bekanntlich am liebsten Schnapspralinen. Vermutlich isst es die auch zum Frühstück. Ich dagegen bekam heute eine Schnapsidee in der Zeitung präsentiert. Wobei ich das, was in der Emder Zeitung stand, gestern Abend bereits in der Süddeutschen Zeitung überflogen hatte. Besser wurde die Meldung beim zweiten Mal lesen allerdings nicht. Immerhin bringt sie mich dazu, einen Tag später in die Weihnachtspause zu gehen.
Es erfordert keine besonderen Fähigkeiten, auf ein hohes Paketaufkommen in diesem Jahr zu kommen. Mehr als bisher wurde online bestellt. Kein Wunder, wenn man immer wieder aufgefordert wird, zu Hause zu bleiben. Für die Logistik-Unternehmen wie DHL, DPD, Hermes und UPS dürfe es ein ertragreiches 2020 gewesen sein. Aber auch eins, welches zusätzliche Herausforderungen brachte. Die gigantischen Pakete-Massen müssen irgendwie auch bewegt, spricht vom Absender zum Empfänger transportiert werden. Das passiert nach wie vor in Handarbeit, die zudem mies bezahlt wird und mit fragwürdigen Arbeitsbedingungen daher kommt. Die Berichte aus den vergangenen Jahren darüber haben viel von uns vermutlich bereits wieder verdrängt.
Wie dem auch sei, von einem Pakete-Wahnsinn zu schreiben (wenn auch in Anführungsstrichen) wie die Emder Zeitung ist übertrieben. Wie gesagt, das Bestellaufkommen resultiert aus der veränderten Situation. Wenn die Innenstädte weitgehend zu sind, stellen Pakete eine Alternative dar.
Unschuldige Pakete
Kommen wir aber zu Schnapsidee. In der CDU werden Überlegungen laut, eine Steuer auf Pakete zu erheben. Damit sollen Innenstadtfonds gefüttert werden, die nach dem Lockdown den stationären Handel wieder fit machen. Das Ganze läuft unter dem Motto „Pakt für lebendige Innenstädte“.
Selten hab ich so was Dämliches gelesen. Zahlreiche Artikel dazu nehmen ganz eindeutig Stellung. Bei SmartDroid bringt es Denny Fischer gut auf den Punkt: „Nicht jeder hat das Internet und den Online-Handel verstanden, das unterstreichen die neusten Ideen der CDU.“
So sehe ich das auch. Nicht etwa, weil ich selber besonders viele Pakete bekomme. Sondern einfach deshalb, weil die Idee grundsätzlich komplett falsch ist. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, sich damit auseinanderzusetzen. Zum einen etwa die grundsätzliche Frage, wie sich die Innenstädte denn überhaupt in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben. Die meisten Fußgängerzonen bieten ein sehr einheitliches Bild mit den üblichen Verdächtigen — bekannte große Fialisten. Die müssen wohl kaum besonders gefördert werden. Die Verelendung der Innenstädte begann lange vor Corona und dem Online-Handel. Schuld dran sind auch politische Fehlentscheidungen wie etwa die Förderung von Einkaufszentren auf der grünen Wiese.
Marktbereinigung nicht im Weg stehen
Eine zweite Betrachtungsmöglichkeit wäre die Veränderung der Arbeitswelt. Das kenne ich noch selber, die Anforderung, möglichst flexibel zu sein. Mit dem Preis, werktags nur noch zum schlafen zu Hause zu sein. Das führte bei mir auch dazu, dass ich häufiger online bestellte und mehr Pakete bekam.
Drittens, meine Frau und ich habe lange Jahre auf ein Auto verzichtet. Wir haben keine Abgase in die Luft geblasen und keine Parkplätze in den Innenstädten in Anspruch genommen. So wie viele andere auch. Zum Dank soll man jetzt mit einer Paket-Steuer belohnt werden. Mit der dann unter Umständen neue Parkhäuser in den Innenstädten gebaut werden, um diese zu beleben. Online Bestellung sind meiner Meinung nach eine Möglichkeit, den Individualverkehr zu reduzieren — daher also prinzipiell nicht grundsätzlich böse.
Ok, seien wir mal ganz hart. Eine Steuer, um Geschäftsmodelle aus den 1980er-Jahren über Wasser zu halten, ist definitiv verkehrt. Persönlich brauche ich keine riesigen Einkaufswelten, sondern Fachhandel mit Herz und Seele. Vor Ort wird es für den immer Bedarf geben.
Statt mit einer Steuer sollte überlegt werden, wie man ihn fit macht für den zusätzlichen Online-Handel. Hier könnte der Bund eine digitale Plattform schaffen – nur so mal als Idee.
Im Übrigen, mit Zwangsabgaben ist das immer so eine Sache. Sie halten sich nämlich erstaunlich lange. Wie etwa die Schaumweinsteuer von 1902 zur Finanzierung der kaiserlichen Flotte. Die wird nach wie vor erhoben.