Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Für die eine ist eine Wohngemeinschaft lediglich eine Notlösung auf Zeit. Für andere ein dauerhaftes Lebensmodell.

Selbstbedienung aus der Kaffeekasse

Die meisten haben beim Stichwort Wohngemeinschaft ein bestimmtes Bild im Kopf. Es ist eine Zweckgemeinschaft, bei der niemand den Müll runter bringt, sich wild am Kühlschrank bedient und es garantiert mindestens einen gibt, der aus der Reihe tanzt. Ok, wird reden hier über Wohngemeinschaften und nicht die Europäische Union, obwohl Ähnlichkeiten auf der Hand liegen.

Die Sache mit dem Kühlschrank nehme ich gleich wieder auf, kurz aber ein Rückblick auf meine einzige persönliche Erfahrung mit Wohngemeinschaften. Am Anfang meines Studiums in Bielefeld kam ich in den Genuss einer Wohngemeinschaft in Bielefeld-Bethel. Eingeschrieben als Zweithörer an der kirchlichen Hochschule bestand ein Anspruch auf einen Wohnheimplatz. So was kannte ich von meinem Freund, der dort zusammen bereits mit seiner Freundin studierte — einer der Gründe für mich, überhaupt in Bielefeld zu studieren. Statt eines Zimmers im Studierendenwohnheim bekam ich ein deutlich größeres Zimmer in einer Villa. Eine Wohngemeinschaft auf Zeit, denn im Frühjahr sollte die Familie des Professors nachkommen, der eigentlich in der gesamten Villa wohnen würde. Vorübergehend belegte er nur einen Teil der Wohnfläche.

Wie dem auch sei, meine Erfahrungen mit dem Modell WG waren leicht durchwachsen. Schnell lernte ich alles im Kühlschrank, was mir gehörte, mit meinem Namen zu beschriften. Bei den Töpfen hätte ich das auch machen sollen, denn die wurden munter mit benutzt. An sich kein Problem, nur wenn man abends müde nach Hause kommt und sich was kochen will, der Topf aber dreckig auf dem Tisch steht, wird man schon mal sauer.

Zweckgemeinschaft Wohngemeinschaft

Ein eher romantisches Bild von Wohngemeinschaft vermittelt der französische Film „Zusammen ist man weniger allein“ mit der großartigen Audrey Tautou. Deutlich näher an der Realität ist eine Kurzfilmreihe auf arte, die man mit Fug und Recht als kleines Juwel bezeichnen kann.

In „Wer war zuletzt am Kühlschrank?“ kommen die typischen Themen auf den Tisch, was man direkt schon beim Bewerbungsgespräch der Neuen mitbekommt. Schildkröte und Krake suchen nämlich einen neuen Mitbewohner. Richtig gehört, Schildkröte und Krake, denn die Miniserie ist ein Puppenspiel. Kurze, knackige Folgen von jeweils vier Minuten.

Eigentlich wollten die beiden nur einen neuen Mitbewohner. Der ist allerdings alleinerziehender Vater und beruflich in einer Neuortierungsphase, wie er der Schildkröte, einer alleinstehenden Paartherapeutin erzählt. Krake ist da gerade nicht anwesend, weil sich Junior-Seehund an seinem Schlagzeug vergreift. Er ist, so erzählt die Schildkröte, wenig erfolgreicher Musiklehrer.

Die Neuen bekommen auf jeden Fall das freie Zimmer, schließlich steht ihr Wagen mit den Möbeln bereits vorm Haus. Auch in den weiteren Folgen geht es richtig zur Sache. Miniaturen, die soziale Themen aus dem Kosmos WG gut auf den Punkt bringen. Absolute Empfehlung!

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