Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Offensichtlich halten sich die Ostfriesen überwiegend zu gut an die Corona-Maßnahmen. Es gibt daher zu wenig Covid-19 Patienten.

Schlechtes im Guten

Dass eine eigentlich gute Nachricht ziemlich miese Auswirkungen hat, lässt sich nur schwer begreifen. In Ostfriesland gab es bisher im Bundesdurchschnitt vergleichsweise wenig Covid-19 Patienten. Man kann das gut finden. Oder aber als zu gut beurteilen. Letzteres besonders dann, wenn es um die Verteilung von Prämien geht. Pflegekräfte in Ostfriesland bekommen nämlich aufgrund der niedrigen Fallzahlen keinen Corona-Bonus. Applaus muss in diesem Fall wohl ausreichen.

Auf den Punkt gebracht: Menschen, die in einem ehedem schlecht bezahlten Beruf arbeiten und während er Corona-Pandemie täglich ihre Gesundheit riskieren, bekommen keine Bonuszahlung, weil zu wenig Corona-Patienten behandelt wurden. Ehrlich gesagt, ich halte das für eine Zumutung. Es dürfte abgesehen vom moralischen Aspekt her auch ziemlich demotivierend wirken. Als junger Mensch vor der Berufswahl stehend, wird man es sich wohl ganz genau überlegen, ob man sich für einen Beruf in der Pflege entscheidet oder nicht.

Anscheinend geht es uns trotz Pandemie noch zu gut, sodass wir nicht über ein paar Wochen hinaus denken können. Jede falsche Entscheidung im Gesundheitswesen wird in Zukunft fatale Auswirkungen haben. Es wurde für so viel Geld zur Verfügung gestellt zur Abmilderung der Corona-Pandemie, auf etwas mehr Geld für ostfriesische Pflegekräfte wäre es doch wirklich nicht angekommen.

Covid-19 verbreitet sich zu gut

Das es uns allen immer noch zu gut geht, davon bin ich fest überzeugt. Es wird gejammert und gegen Beschränkungen protestiert. Dabei ist das einzig wirklich beschränkte das eigene Denkvermögen. Noch nie lag der Begriff Freiheit so nah beim Egoismus.

Heute Morgen zum Frühstück las ich in der Süddeutschen Zeitung ein Essay von Lea Deuber über die aktuelle Lage in Asien. Dort entspannt sich die Situation wieder, zunehmend geht das normale Leben wie vor Corona wieder weiter. Warum? Weil sich die Menschen an Vorgaben gehalten haben und Maßnahmen zur Eindämmung daher zum Erfolg führten. Niemand sah sich in seinen Rechten beschnitten. Und bevor jemand auch nur das Wort in den Mund nimmt — wir reden hier nicht nur über Diktaturen, sondern über Staaten mit ganz normalen Demokratien. In unserer westlichen Arroganz schmeißen wir oft einiges durcheinander und schweren gerne alles über einen Kam.

Zwei Zahlen dazu aus dem Essay. In Taiwan gab es 720 mit Covid-19 infizierte Menschen. Nicht pro Tag, sondern auf ganz 2020 betrachtet — bei einer Einwohnerzahl von 24 Millionen Menschen.

Harter Lockdon als Folge

Weil es uns offensichtlich an der nötigen Disziplin mangelt und die im November beschlossenen Maßnahmen nicht reichten, folgt ab kommenden Mittwoch ein harter Lockdown. Wie gesagt, uns geht es einfach noch zu gut. Der Leidensdruck scheint so gering zu sein, dass man einfach Bitten und Handlungsempfehlungen komplett ignoriert hat.

Jetzt bekommen wir dafür die Quittung und müssen die Konsequenzen tragen. Ein Land voller angeblich mündiger Bürge, die sich zum Teil verhielten wie trotzige Kleinkinder. Es ist einfach nur zum Heulen.

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