Aus aktuellem traurigen Anlass muss auf eine Selbstverständlichkeit hingewiesen werden. Karikaturen muss man aushalten.
Schwächer als Gott
Die Anschläge in Frankreich erinnern uns, wie verletzlich wir sind. Unsere Werte, Vorstellung und unser Weltbild wird nicht von allen Menschen geteilt. Solange das nur unterschiedliche Ansichten sind, könnte man das auf sich beruhen lassen — wenn es bei verbalen Auseinandersetzungen bleibt. Diskurs ist in einer Demokratie erlaubt und wünschenswert.
Glaubensfreiheit ist nicht nur in Frankreich, sondern bei uns in Deutschland ein hohes Gut. Jedoch: Werder in Frankreich noch in Deutschland steht der Glaube über Demokratie und Gesetz. Diesbezüglich kann und darf es keine abweichende Meinung geben. Brutal gesagt ist hier eine andere Meinung oder ein anderes Verhalten schlichtweg ein Angriff auf Demokratie und Gesellschaft.
Genau das bezweckten die Attentäter in Frankreich. Sie wollen mit brutaler Gewalt ihr Weltbild durchsetzen. Solchen Bestrebung muss in aller Entschiedenheit entgegengetreten werden.
Über Karikaturen kann man streiten, einige sind sogar für westliche Verhältnisse ziemlich geschmacklos. So ist das aber nun mal. Wer glaubt, seinen Gott durch Gewalt und Morde gegen Karikaturen verteidigen zu müssen, irrt. Gott lässt sich grundsätzlich von Menschen beleidigen. Egal welchen Namen er trägt, ihm sind Karikaturen herzlich egal. Wer im Namen von was auch immer mordet, zeigt seine eigene Schwäche. In der Persönlichkeit wie auch im Glauben.
Recht auf Karikaturen
Es gibt ein Recht auf Karikaturen, aber keines auf ein Verbot. Zumindest nicht in Europa. Wer unsere Freiheit nicht aushält, der ist in Frankreich, Deutschland — in ganz Europa — einfach fehl am Platz.
Karikaturen von Mohammed, ihre Besprechung etwa im Schulunterricht müssen ohne Gefahr von Leib und Leben möglich sein. Gleichzeitig dürften die grausamen Terroranschläge nicht zur Verwechslung führen. Die Täter mögen sich zwar ihres Glaubens rühmen, sie unterliegen aber einem Irrtum. Die islamische Religion ist nicht für die Morde verantwortlich, sondern Menschen, die von Allah soweit entfernt sind wie Mekka vom Mond.
Eine Distanzierung islamischer Glaubensgemeinschaften ist daher nicht erforderlich. Die christlich-evangelische Religion ist ja genauso wenig verantwortlich für die Taten etwa des Ku-Klux-Klans.
Den Opfern und Hinterbliebenen ist so was leider kein Trost. Gefordert sind an der Stelle Staat und Gesellschaft, die auf diese Taten reagieren muss. Aber wie? Ich fürchte, an dieser Stelle gibt es wenig Möglichkeiten, künftige Taten zu verhindern. Es sei denn, man beschneidet seine eigenen Freiheiten, verrät seine Werte. Das aber wäre nicht nur der schlechteste Weg, sondern auch genau das, was die Täter erreichen wollen.