Mit zunehmender Länger der Ausnahmesituation verirren sich Lokalpolitiker in absurden Lockerungsmaßnahmen. Hoheit über die Stammtische ist wichtiger als Intelligenz.
NRW-Landesreigerung abwählen
Nordrhein-Westfalen war mal das Land, in dem Kohle abgebaut wurde. Jetzt wird hier die Intelligenz abgebaut. Die Bildungsministerin von NRW, Yvonne Gebauer (FDP), geht mit gutem Beispiel voran. Abiturfeiern und Abibälle sollen ab sofort wieder erlaubt sein. Schließlich träfe dort ja nur eine auf einen Jahrgang begrenzte Gruppe aufeinander. Auch gäbe es in der Aula oder Sporthalle genügend Platz, um den erforderlichen Abstand einzuhalten.
Wer so was von sich gibt, hat entweder vor Jahrhunderten Abitur gemacht oder nie eine Reifeprüfung abgelegt. Tanzen, feiern, sich ausgelassen um den Hals fallen— das gehört schon damals bei meiner Abifeier dazu.
Es wäre ein schmerzlicher Verzicht, den Schülerinnen und Schülern und ihren Familien diesen ganz besonderen Moment der Freude und des Stolzes vorzuenthalten.
Yvonne Gebauer
Das ist eine extrem fahrlässige Haltung. Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält das Ganze für einen Witz und bezweifelt, dass das Virus Jahrgang statt Teilnehmerzahl kümmert. Eine Abiturfeier nicht zu haben, ist kein schmerzlicher Verzicht. Wohl aber, wenn man hinterher seine Großeltern ansteckt und die an Covid-19 sterben. Immer dann, wenn Intelligenz erforderlich ist, scheinst sie gerade mal wieder ausverkauft zu sein. Die Entscheidung der Bildungsministerin ist einfach nur extrem unklug, um es mal mit Vorsicht zu formulieren.
Mangelware Intelligenz
Insbesondere vor dem Hintergrund der Masseninfektion beim Fleischverarbeiter Tönnies muss man sich fragen, ob Intelligenz in der Landesregierung tatsächlich zur Mangelware geworden ist. Strategien zur Eindämmung sind gefragt, nicht idiotische Lockerungen, die zur weiteren Ausbreitung beitragen können.
Als ich zum ersten mal von der Zulassung der Abiturfeiern las, befand ich mich auf der Rückfahrt von Emden nach Köln. Ich bekam ein wenig die Stimmung in Niedersachsen mit. Es gibt außerhalb von NRW nämlich durchaus die Haltung, ganz einfach komplett NRW zur Quarantänezone zu erklären und eine Maue rum das Bundesland zu ziehen. Intelligenz traut man den Menschen im bevölkerungsreichsten Bundesland immer weniger zu.
Die Stimmung im Norden ist zu Recht auch nicht gut in Bezug auf die Nachbarn aus NRW, die zwar in Form von Touristen Geld ins Bundesland bringen, sich aber benehmen, als wäre Niedersachsen der nördlichste Ausleger vom Ballermann. Den Unmut bekommen freilich nicht die Touristen ab, sondern diejenigen, die eigentlich nicht mehr in NRW wohnen. In der Auswandergruppe ist so einiges an Erfahrungen zu lesen von Autobesitzern, die auch in Ostfriesland noch ihr altes Auto-Kennzeichen behalten wollten. Das Auto eines vermeintlichen Kölners mit Farbe zu übergießen und Corona an die Scheibe zu schreiben, ist jetzt allerdings auch kein Zeichen von Intelligenz.