Kölner Bürgerinnen und Bürger beharren auf ihr Party-Grundecht. Dies Diskussion um den Gereonshof zeigt ein grundsätzliches Missverständnis.
Chantal aus Chorweiler
Mit zunehmender Wahrscheinlichkeit eines Wegzugs aus Köln sollte man meinen, ich würde in Bezug auf Köln gelassener werden. So eine Art Milde, wie man sie in der Rückschau entwickelt. Mit Abstand sieht Bielefeld auch deutlich besser aus, als ich es laut zahlreicher Blogeinträge empfunden habe.
Zum Auffrischen der Abneigung reicht aber oft ein Blick in den Kölner Stadtanzeiger. Bei wichtigen Schlagzeilen wie dieser „Wie werde ich meine Corona-Pfunde wieder los?“ fragt man sich: Ist da noch Boulevard oder kann das weg? Wendet sich der KSTA an Chantal aus Chorweiler oder an ein anderes Zielpublikum? Gut, der Zeitung geht es wirklich nicht besonders. Seit dem Tod von Alfred Neven DuMont geht es kontinuierlich abwärts. Kölner bleibt aber nichts anderes über, denn alle Zeitungen der Stadt sind in einer Hand.
Immerhin, der KSTA berichtet auch über Possenstücke und solche, die Potenzial dazu haben. Etwa über den Gereonshof und seine Anwohner. Über das, was sich da zur Zeit abspielt, habe ich von mehreren Seiten gehört. Unter anderem von empörten SPD-Mitgliedern, die für die Öffentlichkeit Partei ergreifen. Schließlich steht irgendwo im Kölner Grundgesetz so was wie „Recht auf Party im öffentlichen Raum“. Nein ehrlich, die Umstände sind eigentlich für mich nachvollziehbar aus Sicht der Anwohner.
Ruhe am Gereonshof
Ursprünglich war es wohl geplant, das Gerling-Quartier verknüpft mit dem Umbau zu einem Anziehungspunkt für alle Bürgerinnen und Bürger zu machen. Aktuell ist es wohl so, dass der Platz mehr oder weniger privatisiert wurde. Ein privater Sicherheitsdienst im Auftrag der Anwohner vertreibt dort Passanten, die sich dort aufhalten.
Grundsätzlich sollte man erst mal jeden Ansatz von Neid-Debatte aus der Diskussion heraushalten. Das gilt sowohl für Genossen als auch Redakteur des KSTA. Schlagzeilen wie „Kölner Gereonshof nur noch für die Schönen und Reichen zugänglich?“ sind ziemlich daneben. Auch Wünsche der Genossen, man solle doch als Anwohner am Gereonshof „seine Sachen packen und Köln wieder verlassen“, finde ich daneben.
Meiner Meinung nach hat jede Geschichte immer auch mindestens eine andere Seite. Nämlich die der betroffenen Anwohner. Bisher habe ich noch nichts darüber lesen können, wie sie sich zu dem Vorgang äußern. Ich kann mir aber sehr gut aus eigner Erfahrung herleiten, was vorgefallen ist.
Jeder hat ein Recht auf Ruhe im Wohnumfeld. Wenn ein Platz dauerhaft frequentiert wird und das zur Ruhestörung führt, ist das kein Zuckerschlecken. Beispiel Brüsseler Platz. Seit vielen Jahren kämpfen die Anwohner dort um mehr Ruhe. Partys bis tief in die Nacht von Menschen, die von überall her kommen und den Platz als Location schätzen. Zum Leidwesen der Anwohner.
Freiraum versus Wohnraum
Es ist kein Geheimnis, dass Städte auch Wohnraum sind. Auch in Großstädten wie Köln ist nicht überall Freiraum, sondern es müssen die berechtigten Interessen der Anwohner geschützt werden. Wenn man eine offene, frei Stadt will, muss man auch für die Einhaltung der Regeln achten. Genau das ist vermutlich nicht am Gereonshof passiert. Daher haben die Anwohner zur Keule gegriffen. Zugeben, auch keine Lösung. Aber das Bedürfnis nach Ruhe kann ich gut verstehen.