Am Ende der politischen Karriere steht die Frage der Altersversorgung. Für viele Politiker reicht es nach Dienstzeit nur für das Nötigste.
Nahles verdient was
„Man muss auch gönnen können“— den Satz habe ich mir für den heutigen Artikel an auf einem Post-it an den Monitor geklebt. In der Vergangenheit bin ich mit Andrea Nahles hart ins Gericht gegangen. Habe sie, meiner Meinung nach zu Recht, hier im Blog kritisiert. Ihr Aufstieg zur Parteivorsitzenden läutete meinen Ausstieg aus der SPD ein. Über das Ende ihre Karriere an der Parteispitze freute ich mich dann.
Für mich gehörte Andrea Nahles zu denen, die gerne austeilen und dabei recht ruppig vorgehen. Siegmar Gabriel kann davon vermutlich auch ein Leid singen.
Wie dem auch sei, um die ehemalige Parteivorsitzende der SPD ist es nach ihrem Abgang ruhig geworden. Fast schon zu ruhig. Es gibt Menschen, denen traut man zu, zurückgezogen und bescheiden zu leben. Und es gibt Politiker wie etwas Jimmy Carter, die schaffen das sogar. Bei Nahles habe ich eigentlich immer mit einer Rückkehr auf die politische Bühne gerechnet. Niemand geht jemals so ganz — auf Nahles traf das meiner Meinung nach im Besonderen zu. Jetzt ist sie mehr oder weniger zurück in den Schlagzeilen. Sie ist dabei, sich um ihre Altersversorgung zu kümmern.
Arbeitnehmer ohne Altersversorgung
Noch mal zurück zu meinem Post-it. Andrea Nahles soll Meldungen zufolge Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation werden. Geschätztes Jahreseinkommen: 150.000 Euro. Auf der einen Seite hört sich das viel an, andererseits ist es vergleichsweise wenig, wenn man mit anderen wie etwa Ronald Pofalla (CDU). Der wurde bei der Bahn endgelagert, mit einem geschätzten Jahresgehalt von 600.000 Euro. Dagegen sieht die Altersversorgung von Andrea Nahles geradezu mickerig aus.
Gönnen können — ganz wertfrei denke ich, dass der neuen Posten für Nahles ok ist. Man kann von ehemaligen Politikern nicht erwarten, dass sie in Sack und Asche leben. Wenn man auch mal anschaut, was sie während ihrer aktiven Zeit an Diäten erhalten und das mit Gehälter von Managern vergleicht, zeigt sich ein ziemliches Gefälle. Hier müssten wir uns auch mal fragen, ob wir uns als Land nicht eine bessere Bezahlung leisten können. Wer Mittelmäßigkeit bezahlt, bekommt die nämlich auch.
Das führt allerdings dann zur nächsten Betrachtung. Selbst 150.000 Euro sind für Erika Mustermann, die als Pflegekraft in einem Seniorenheim arbeitet, nur ein ferner Traum. Geringer Verdienst bis zur Rente wirkt sich dann auch auf die Altersversorgung aus. Größe Sprünge kann Frau Mustermann auch mit der bisherigen staatlichen Unterstützung nicht machen. Private Altersversorgung lässt sich auch nur betreiben, wenn man Geld hat, um es auf die hohe Kante zu legen.
Zeit für mehr Gerechtigkeit
Was mich ernsthaft beschäftigt im Rahmen der Meldung über Andrea Nahles, ist die grundsätzliche Frage nach gerechter Entlohnung. Nach wie vor ist diese in Deutschland nicht vorhanden. Deutlich zu sehen gerade in der Corona-Krise.
Wir nehmen eine schlechtere Bezahlung von Frauen gegenüber Männern genau so hin wie die Ausbeutung im Schlachthof. Wir halten Klatschen für eine angemessene Entlohnung für hart abreitendes Pflegepersonal. Gerechtigkeit wird niemanden in die Wiege gelegt, man muss sie sich erstreiten.