Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In der Corona-Krise wird es nicht nur Verlierer geben. Die Gewinner stehen in ihrem Triumph jedoch auch auf den anwachsenden Leichenberg.

Animal Farm

In den letzten Tagen musste ich immer wieder an die Schweine aus dem Roman „Animal Farm“ von George Orwell denken. Nach der Übernahme der Farm durch die Tiere gelangen die Schweine an die Macht. Sie proklamieren Folgendes:

All animals are equal, but some animals are more equal than others.

Genau das scheint auch während der Corona-Krise und des Kontaktverbotes zu gelten. Einige von uns sind gleicher als der Rest. Etwa diejenigen, die nicht nur eine Putzkraft schwarz beschäftigen, sondern diese auch noch trotz der Maßnahmen zum Infektionsschutz ihre 82 m² große Wohnung putzen lassen. Es stört sie auch nicht, wenn ihre Kinder mit anderen Kindern spielen oder man sich mit privatem, gegenseitigen Babysitten arrangiert. Klatschen abends auf dem Balkon wird dann zu einem katholischen Reflex zur Vergebung der „Sünden“.

Wer sich an die durchaus sinnvollen Vorschriften und Regeln hält, ist dagegen ein Verlierer. Nicht nur, weil ihm emsige Nachbarn alles weg hamstern, sondern auch, weil man zunehmend unter der Isolation leidet. Unter der Isolation durch das Kontaktverbot und auch dadurch, dass die Nachbarn einen nicht für voll nehmen. Setzt sich der Vorschlag der Bundesregierung durch, wird das Kontaktverbot noch bis zum 3. Mai verlängert. Ohne hartes Durchgreifen lässt man damit die Verlierer im Regen stehen, denn nur die, die sich daran halten, bekommen eine Verlängerung.

Trost für Verlierer

Etwas Trost für Verlierer

Trost für Verlierer

Es ist nur ein schwacher Trost für Verlierer, im Recht zu sein. Damit kann man sich nicht mal einen Würfel Hefe kaufen.

Über regeln und Verhaltensweisen kann man nicht nur im gesellschaftlichen Zusammenhang nachdenken. Auch im Kleinen, am Spieltisch spiegelt sich offensichtlich das Verhalten wieder. Wer unbedingt gewinnen will, Regeln zu seinen Gunsten auslegt, spielt eigentlich nicht, um zu spielen. Ich für meinen Teil dagegen spiele, um zu spielen. Klar gewinne ich auch gerne. Jedoch bleibe ich lieber Verlierer, wenn gewinnen nur aufgrund von Regelverstößen möglich ist.

Meiner Meinung nach ist es auch eine Auszeichnung, die Regeln so gut Neulingen am Spieltisch zu erklären, dass diese gegen einen gewinnen. Da bin ich dann auch gerne Verlierer.

Im sogenannten wirklich Leben führe ich keine Statistik über meine Niederlagen, so wie für gespielte Brettspiele. Die seelischen Narben reichen vollkommen, um sich zu erinnern.

Der Corona-Krise hat einen ziemlich Vorteil: Wir wissen mittlerweile ziemlich genau, auf welcher Seite wir stehen und wen wir persönlich noch zukünftig zu unseren Freunden zählen. Situationen wie die Aktuelle haben das Potenzial, sowohl das Schlechteste als auch Beste aus den Menschen hervorzubringen.

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