Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Nach wie vor soll trotz Corona-Krise die Grundversorgung gesichert sein. Bürgerinnen und Bürger kennen die Belastbarkeit solcher Aussagen von der Rente.

Kochen im Panikmodus

Merkwürdige Zeiten, wenn man geschäftliche E-Mails mit „Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund“ abschließt. Die durch den Corona-Virus ausgelöste Krise fordert und überfordert. Heute Morgen beim Frühstück musste ich an unseren Schuster im Viertel denken. Der hat auch geschlossen, obwohl er dringend auf den Umsatz angewiesen ist. Schon vor einiger Zeit erfuhr ich, dass er zum Überleben auch über die Rente hinaus weiterarbeitet.

Nach Feierabend waren meine Frau und ich gestern Spätnachmittag noch etwas draußen. Luft schnappen und der drohend näher kommenden Decke ausweichen. Unbewusste legten wir den Weg so an, dass wir an einer Netto-Filiale vorbei. Nur mal eben schauen, ob – nein, es gab natürlich kein Mehl zu kaufen. Auch keine Nudeln, kein Reis. Ebenso wenig Toilettenpapier oder Küchenrolle. Kürzlich saget ein EDEKA-Ladenbesitzer im Fernsehen sogar, Hefe würde das neue Mehl werden — bei den Hamsterkäufen.

Mich persönlich wundert das stark. Nudeln und Tomatensoße zu hamstern, kann ich noch nachvollziehen (aber nicht verstehen). Wer Wasser kochen kann, bekommt mit Hilfe der beiden Zutaten etwas zustanden. Aber Mehl und Hefe? Selber Brot backen? Dazu muss man schon kochen beziehungsweise backen können. Aus jahrelanger Erfahrung weiß ich, wie viel man bei Mehl, Wasser, Hefe und Salz falsch machen kann. Eine Aussage wie „die Grundversorgung ist gesichert“ ist Unfug, wenn die Menschen nicht kochen können.

Grundversorgung gesichert

Grundversorgung gesichert

Merkwürdige Grundversorgung

Bei Netto waren die Tiefkühltruhen voll mit TK-Pizzen. Man hätte sich ohne Probleme auf Wochen damit eindecken können. Meine Frau und ich bevorzugen es jedoch, Pizza selber zu machen. Das können wir aktuell vergessen. Es fehlt neben Mehl die Tomatensoße. Fraglich bei der sogenannten Grundversorgung ist, was man wie dazu heranzieht. Frisches Obst und Gemüse ist noch reichlich vorhanden. Auch bestimmte konservierte Lebensmittel. Wer nicht gerade eine Fisch-Allergie hat, kann sich mit Fisch aus der Dose reichlich eindecken.

Was Gemüse angeht, dürfte sich trotz aller Versicherungen, die Grundversorgung sei gesichert, der Zustand in ein paar Wochen ändern. Selbst dann, wenn das Kontaktverbot aufgehoben wurde. In wenigen Tagen begibt die Spargel-Saison. Zur Ernte fehlte es aber überall an Arbeitskräften, die sonst überwiegen aus Osteuropa kamen. An der Stelle beißt sich dann die Katze in den Schwanz. Wir wollen möglichst billige Lebensmittel, was zur schlechten Bezahlung in den Produktionsbetrieben führt. Die Arbeit auf dem Feld ist kein Zuckerschlecken. Wer von uns will schon freiwillig Spargel stechen?

Vielleicht ändert sich einiges in unserer Wertschätzung, wenn die Krise vorüber ist.

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