Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Tötung des iranischen Generals Soleimani könnte die Morgendämmerung eines Kriegs in Nahost sein. Dabei ging es nur um eine rote Linie.

Geschichte und Trump

Man sagt, der US-Präsident Donald Trump habe es nicht so mit Geschichte. Das kann ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Dafür bilde ich mir ein, selber etwas über die Geschichte in Nahost zu wissen. Um es vorab auf den Punkt zu bringen: Es ist kompliziert. Meiner Meinung nach lassen sich viele Konflikte zurückführen auf den Ersten Weltkrieg und die Ergebnisse im Anschluss. Das gilt nicht nur für die Balkan-Region, sondern auch im verstärkten Maße für den Nahen Osten. Beide zusammen haben eine Gemeinsamkeit. Sie gehörten zum Osmanischen Reich. Dessen Auflösungserscheinungen führten untern anderem in den Ersten Weltkrieg (spannende Lektüre an dieser Stelle: „Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“ von Christopher Clark).

Im Ersten Weltkrieg kämpften die Araber an der Seite der Entente gegen Deutschland und seine Verbündete. Zu denen gehörte auch das Osmanische Reich. Den Arabern wurde die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich versprochen. Die Siegermächte hielten sich jedoch nicht daran, sondern es erfolgte eine Aufteilung des Nahen Ostens nah ihrer Willkür. Die Grenzziehung nahm auf Ethnie und Religionszugehörigkeiten wenig Rücksicht. Standes Detail: Das Persische Reich wollte neutral bleiben, wurde aber zum Nebenkriegsschauplatz eines Konfliktes, der bis 1921 dauert. Wichtig hierbei ist im Hinterkopf zu haben, dass Persien ungleich Arabien ist.

Schneller Vorlauf in der Geschichte. Aus Persien wurde schließlich der heutige Iran. Die Mehrheit der Bevölkerung dort ist schiitisch. Die überwiegende Anzahl der arabischen Bevölkerung im Nahen Osten dagegen ist sunnitisch. Diese beiden muslimischen Glaubensrichtungen verstehen sich nicht besonders gut. Die Religionskonflikte ziehen sich auch wie ein roter Faden durch die Geschichte des Nahen Ostens.

Rote Linie überschritten

Rote Linie überschritten

Ursachen der Konflikte

Sowohl der religiöse Hintergrund als auch das Selbstverständnis der Iran, die sich niemals als Araber bezeichnen würden, bieten bei der Interaktion mit den Nachbarstaaten Konfliktpotenzial. Dabei geht es nicht nur um Rohstoffe, sondern auch um die Kontrolle der zwei der wichtigsten heiligen Stätten des Islams. Beide befinden sich unter der Kontrolle Saudis-Arabiens. Dessen Religion ist der Wahhabismus, eine sehr strenge Auslegung sunnitischen Islams. An dieser Ausprägung und der Vorherrschaft des Hauses Saud sind im Übrigen die Siegermächte des Ersten Weltkrieges nicht unschuldig.

Die Instabilität der gesamten Region im Nahen Osten war und wird solange zu Konflikten, bis eine dauerhafte Lösung für einen stabilen Frieden gefunden wird. Allerdings befürchte ich diesbezüglich, dass jegliche Hoffnungen darauf reine Fiktion sind.

Zurück in die Gegenwart. Die Tötung des iranischen Generals Qasem Soleimani durch die USA kann man sehr unterschiedlich bewerten. Je mehr man über die Hintergründe weiß, desto schwieriger wird es jedoch, eine eindeutige Haltung einzunehmen. Klar kann man mit den Fingern auf den US-Präsidenten Donald Trump zeigen und behauten, die Tötung sei ein dummer, impulsiver und gefährlicher Akt gewesen. Gerade bei einer Abneigung gegen Trump lässt man sich dazu leicht verführen. So einfach ist die Lage allerdings nicht. Damit sind wir dann wieder bei der roten Linie.

Trumps rote Linie

Die Tötung eines iranischen Generals im Irak trägt sicher nicht zur Deeskalation bei. Bevor man jetzt antwortet, sollte man sich jedoch selber die Frage stellen, was dieser iranische General überhaupt im Irak gemacht hat. Er war nicht in einer Friedensmission unterwegs, so viel steht fest. Unter seiner Führung wurden Terroranschläge verübt und auch für die Tötung irakischer Zivilisten etwa durch Scharfschützen verantwortlich.

Auf seine Kappe geht wohl auch die Tötung eines US-Amerikaners im Irak. Genau das stellte dann die rote Linie für Präsident Trump dar. Darauf musste reagieren. Nicht um seinen Wahlkampf positiv zu beeinflussen, sondern vor allem um deutlich zu machen, wo die USA die Grenzen ziehen. Die hat der Iran versucht auszuloten, was wiederum ein Ergebnis des Rückzugs der USA aus der gesamten Region ist. Jetzt droht ein größer militärischer Konflikt. Genau das eigentlich, was Trump vermeiden wollte. Seine Absicht war es nämlich, US-amerikanische Soldaten nicht irgendwo im Ausland für unklare Ziele sterben zu lassen.

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