Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Trotz der Begrüßungsflasche verbrachte Nöll die Nacht zum Sonntag nüchtern in der Ferienwohnung des Weinguts. Für sein Verhältnis ungewöhnlich früh wachte er mit einer Lust auf frische Brötchen auf.

Sonnenlicht strahlte zwischen Rebstöcken hindurch ins Schlafzimmer. Nöll wälzte sich aus dem Bett und zog sich an.

Die Ortschaft lag still zu Füßen der Steilhänge. Vorbei an der in eine Garage umgewandelten Metzgerei ging Nöll Richtung Ortskern. Bei der Anreise hatte er von Weitem eine Bäckerei gesehen. Die Hoffnung auf frische Brötchen starb augenblicklich, als Nöll die mit vergilbenden Zeitungen zugeklebten Fenster sah.

Wegen Geschäftsausgabe geschlossen, stand auf einem Schild an der Tür. Handgeschrieben auf einem rechteckigen Pappteller und mit Tesafilm befestigt.

Monorackbahn

Monorackbahn

Hungrig lief Nöll weiter. Vorbei an längst geschlossenen Tanzlokalen, vor denen sich die durchnässte und wieder getrocknete Wochenreklame des Supermarkts zu beachtlichen Türmen gestapelt hatte.

Hier schloss niemand mehr Bekanntschaft mit einer Urlaubsliebe. Enttäuschung kam Nöll als Ortsname passender vor als ein Doppelname. Wohl der verzweifelte Versuch, aus zwei Schwerkranken noch etwas Gesundes zu machen.

Selbst der Fall, von dem sich Nöll einiges versprochen hatte, verhieß nichts Gutes. Anders als von ihm geglaubt, ertrank der Winzer nicht im Wein. Er wurde in seinen eigenen Weinbergen tot aufgefunden. Die Hand um etwas verkrampft, was abhanden gekommen war. Die Polizei ging nach wie vor von einem natürlichen Tod aus, anders als die Witwe.

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