Etwas verloren stand Nöll am Samstagmorgen nach längerer Zugfahrt auf dem Bahnsteig von Kobern-Gondorf. Ein schneidiger Wind blies den Geruch von zu viel Alkohol aus seinen Sachen. Neben Nöll stand ein angestoßener Rollkoffer. Auf die Schnelle hatte er nach dem Aufstehen ein paar Sachen hineingestopft. Vornehmlich Sommersachen aus einem der oberen Umzugskartons. Der Wind klärte Nöll über diesen Fehler auf. Der Herbst befand sich am Ende. Besser würde das Wetter nicht werden. Vor allem nicht wärmer.
Nöll kramte in seiner Jackentasche. Rechts ein benutztes Taschentuch. Links Sand von irgendwo her. In der rechten hinteren Hosentasche fand er schließlich einen nunmehr zerknitterten Zettel. Eine hastig hingeschriebene Adresse. Dazu ein Satz als Hinweis. Toter Winzer im Wein.
Möglicherweise sein erste Fall als Privatermittler. Mit Sicherheit aber die Chance, ein paar Spesen abrechnen zu können.
Über eine lange Treppe runter und eine ebenso lange rauf schleppte Nöll seinen Koffer ins Bahnhofsgebäude. Kalter Zigarettengeruch gepaart mit menschlichen Erleichterungen stimmten Nöll auf die Verlassenheit des Ortes ein. Der längst verlassene Fahrkartenschalter starrte ins Nichts. Nöll stieß die Tür nach draußen auf. Den Koffer hinter sich herziehend lief er die Bahnhofstraße entlang vorbei an einem Supermarkt. Vermutlich der Einzige in der Gegend, mutmaßte Nöll.
Spießige Vorgärten versuchten notdürftig, den Niedergang des Ortes zu kaschieren.