Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Der Oktober schreitet weiter voran, dem Ende entgegen. Für den drohenden Brexit ohne Vertrag wird ein Sündenbock gesucht.

In die Wüste schicken

Schaut man im Internet nach, woher der Begriff Sündenbock stammt, findet man ein paar interessante Details. Zurück geht der Begriff auf eine Übersetzung der Bibel von Martin Luther. Das eigentlich jüdische Ritual weißt dabei zwar einen Bock auf, aber es gibt einen kleinen Denkfehler in der Übersetzung. Sünden sind Judentum nicht übertragbar. Das ist insofern spannend, als es den Kern der sehr emotionalen Schuldzuweisung beim Brexit ganz gut fasst. Ein entscheidender Punkt ist wohl folgende angebliche Aussage von Merkel aus einem Telefonat mit Boris Johnson: Der Oktober schreitet weiter voran, dem Ende entgegen. Für den drohenden Brexit ohne Vertrag wird ein Sündenbock gesucht.

… no Brexit deal with the UK unless Northern Ireland is in the customs union “forever”.

Also, kein Brexit-Deal, wenn Nordirland nicht dauerhaft in einer Zollunion mit der EU bleiben wird.
Während unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel eigentlich darum bemüht war, die Türen offen zu halten, fiel ihr der britische Premierminister Boris Johnson in den Rücken. Aus dem Telefonat der beiden wurden von britischer Seite Details veröffentlicht. Eine „Quelle“ aus der Downing Street (Number 10) berichtet den Medien über das 30 Minuten lang dauernde Telefonat. Es bleibt fraglich, ob Angela Merkel sich tatsächlich so geäußert hat.

Von deutscher Seite wird das alles weder bestätigt noch dementiert. Man äußere sich nicht zu Details aus vertraulichen Gesprächen, heißt es.

Blame game mit Sündenbock

Blame game Brexit

Blame game mit Sündenbock

Hier wird ganz klar und ziemlich plump ein Sündenbock für das Scheitern der Verhandlungen mit der Europäischen Union installiert. Nicht unbequem, wenn man die Krauts als alten Feind des freien Inselvolks für einen No-Deal-Brexit verantwortlich macht. Für Verhandlungen, die Boris Johnson weder wollte, noch mit reinem Herzen führte.

Mit einer Strategie der Lügen und Hetze versucht er jetzt, die Schuld zu übertragen und sich für ziemlich wahrscheinliche Neuwahlen in Position zu bringen.

Der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, sprach umgehend von einem „blame game“ und fragte Johnson, wohin er denn eigentlich wolle.
Es ist ganz klar ein inszeniertes Drama, was hier gegeben wird. Freilich eines, an dessen Ende Austrittskarten verteilt werden. Den hohen Preis dafür wird das britische Volk bezahlen. Bereits jetzt gibt es vorsichtige Rechnungen, die etwa bei Im- und Exporte von 15 Milliarde Euro jährlich an Zusatzkosten für britische Firmen ausgehen. Ein No-Deal-Brexit wird die Menschen in Großbritannien teuer zu stehen kommen. Kein Wunder, dass man dafür gerne einen Sündenbock hätte, statt selber die Verantwortung zu übernehmen. Es bleibt nur die bittere Hoffnung, dass man in Großbritannien in wenigen Monaten die hohlen Versprechungen von Johnson durchschaut.

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