Neben Verprügeln gehörte Hausarrest zu den bevorzugten Formen der Bestrafung von Stephan durch seinen Vater. Welche negative Entwicklung von Stephan damit angestoßen wurde, wollten oder konnten seine Eltern nicht sehen.
Schon im Kindergarten tat Stephan sich schwer damit, Kontakt zu anderen Kindern zu finden. Er spielte lieber für sich. Zumindest bis er jemanden fand, den er für vertrauenswürdig hielt. Stephan wollte sich immer schon vor Enttäuschungen schützen, was ihm trotz seines Misstrauens auch als Erwachsener selten gelang.
Hausarrest führte während seiner Schulzeit dazu, dass Stephan die wenigen Freunde, die er hatte, wieder verlor. Er wurde zum Sonderling, zum Außenseiter. Mitreden auf dem Schulhof konnte er auch selten, denn für Nachlässigkeit, wie etwa ein in der Schule vergessener Turnbeutel, gab es Fernsehverbot.
So wurden die besten Freunde von Stephan Bücher. Romane, in denen er sich vertiefen konnte. Beim lesen konnte er alles ausblenden. Die Hänseleien in der Schule, die Strafen seines Vaters und die Gehässigkeit seiner kleinen Schwester. Bücher ließen ihn nie alleine, verrieten ihn nicht. Besser noch, niemand nahm sie im weg.
Wenn er kein Buch las, hing er Tagträumen nach. Das kam auch häufiger in der Schule vor, was schlechte Noten und Strafen durch seinen Vater nach sich zog. In seiner Einsamkeit glaubte Stephan mit der Zeit, er wäre bei der Geburt im Krankenhaus vertauscht worden. Es war gar nicht seine Familie, in der er aufwuchs. Irgendwo gab es seine richtigen Eltern, die ihn wirklich lieb gehabt hätten. An seiner Stelle bekam ihre Liebe aber ein Kuckuck ab.