In vielen bürgerlichen Haushalten dienen Bücher als intellektuelle Tapete. Die meisten davon wurden höchstens einmal gelesen.
Ballast im Leben
Mir Gedanken zum Thema Bücher im Zusammenhang mit dem Stichwort „Ballast“ zu machen, fällt mir verdammt schwer. Seit ich lesen kann, haben mich Bücher in meinem Leben begleitet. Dennoch wird es Zeit, Abschied zu nehmen — zumindest von etwa der Hälfte. Fangen wir aber anders an, auch im mich selber vorsichtig an den Gedanken der Trennung zu gewöhnen.
In anderthalb Jahren werde ich 50 Jahre alt sein. Damit ist mindestens die Hälfte meines Lebens um, ob es mir nun passt oder nicht. Es wird dann höchste Zeit sein für ein Zwischenfazit. Noch wichtiger wird dann der Blick nach vorne sein. Was möchte ich künftig noch mitnehmen, noch mit mir herumschleppen? Bereits bei meinem Artikel zum Thema Tiny House klang es durch. Weniger ist mehr. Den Anfang mache ich gerade bei Brettspielen, aber es werden noch viele andere Dinge folgen, ja folgen müssen.
Davon erhoffe ich mir mehr Freiheit und eine andere Lebensqualität. Mich beschäftigt auch die Frage, was irgendwann mit dem ganzen Krempel passieren wird, den meine Frau und ich angesammelt haben. Wir haben keine Kinder, die sich unserer Hinterlassenschaften eines Tages annehmen werden. Und selbst wenn, wäre es auch egoistisch, denn das ganze Gerümpel aufzudrücken. Dazu gehören eben auch unsere Bücher.
Zu viele Bücher
Hätte man mich vor 28 Jahren gefragt, ob man als Mensch zu viele Bücher besitzen kann, wäre ich wohl über die Frage sehr entsetzt gewesen. Natürlich nicht, man kann nie genug Bücher haben. Nun ist aber der Platz in der eigenen Wohnung begrenzt. Diese ist auch weder Buchhandlung, Bücherei noch Antiquariat. Sondern ein Platz zum wohnen und Leben, auch wenn dazu eben geruckte Werke gehören.
Mittlerweile sehen die Regale bei uns wenig feierlich aus. Ein Buch auf anderen, zum Teil liegen oder stehen sie in zweiter, sogar dritter Reihe. Die wenigsten davon werden wir jemals erneut lesen. Neuen Lesestoff kaufen wir schon seit Längerem überwiegend als eBook, einfach weil kein Platz mehr vorhanden ist. Ein bestimmtes System für die Sortierung gibt es längst nicht mehr, Fachbücher stehenden neben Romanen, alles kreuz und quer. Verteilt auf Wohnzimmer, Arbeitszimmer und Schlafzimmer.
Mich selber muss sich fragen, was wir damit zum Ausdruck bringen wollen. Hey, wie sind belesen, weil wir viel totes Holz in den Regalen haben? Ja, es gibt eine romantische Vorstellung, der ich auch eine lange Zeit anhing. Wenn man wieder Luft zum atmen haben möchte, muss man sich davon jedoch verabschieden. Das wird Stück für Stück passieren, auch mithilfe hungriger öffentlicher Bücherschränke.