Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Um Architekten ist es in Köln nicht zum Besten bestellt. Meistens ist man in der Domstadt auf Hilfe von außerhalb angewiesen.

Unangemessene Vergleiche

Bauwerke in Köln sind so eine Sache für sich. Rund 600 Jahre passiert nichts, gammelt eines der heute bedeutendsten Bauwerke der Stadt vo sich hin. Dann kommen die Preußen und stellen den Bau gegen den Widerstand der Kölner fertig. Hinterher sind die Kölner dann mächtig stolz auf „ihren“ Dom (eigentlich eine Werbeaktion von Wilhelm I.). Unter anderem zeugen Lieder wie „Wir lassen den Dom in Köln“ davon. Als ob jemand anders den Dom haben wollte.

In der jüngeren Vergangenheit griff man gerne auf eher unbekannte Architekten wie etwa K. Latuske zurück, um unmittelbar am Bahnhof eine riesige Mülltüte zu bauen. Dies bezeichnet man dann als Musical Dom. Das ursprüngliche Provisorium steht mittlerweile 23 Jahre. Immerhin, das Bauwerk war nach 6 Monaten fertig und nicht nach 600 Jahren.

Verglichen zum Dom ist das eher ein Flügelschlag der Zeit. Kommen wir aber zu etwas fast völlig anderem. Jüngst landete Architekten des Westfrankenreichs auf dem heimischen Spieltisch. Thematisch geht es darum, eine Kathedrale zu bauen — ein Schelm, wer arges dabei denkt. Die Möglichkeiten, welche die Spielerinnen und Spieler haben, erinnern doch ziemlich an Köln.

Architekten des Westfrankenreichs

Architekten des Westfrankenreichs

Diebische Architekten

Es gibt einen florierenden Schwarzmarkt, man kann Steuern hinterziehen und dubiose Auszubildenden anheuern. Gerne verliert man das eigentliche Ziel aus dem Blick und baut an anderer Stelle etwas eigenes. Klüngel sorgt für mehr Ressourcen, wobei man gerne auch lästige Konkurrenten ans Messer liefert.

Man muss es den Autoren des Spiels Architekten des Westfrankenreichs wirklich lassen, sie haben ohne die Stadt beim Namen zu nennen Köln ein spielerisches Denkmal gesetzt. Nur der Rhein fehlt auf dem Spielplan noch, aber vielleicht kommt der ja in einer Erweiterung, die das Grundspiel um Schifffahrt und Stapelrecht bereichert.

Wie dem auch sei, in wirklich kurzer Zeit haben wir bereits fünf Parteien gespielt. Mir persönlich gefallen die Architekten des Westfrankenreichs ein klein wenig besser als Flügelschlag. Das Spiel ist einfach witziger und interaktiver. Die Arbeiter der Mitspieler gefangen zu nehmen, dafür eine Art Schutzgeld kassieren oder aber den Spielern die Möglichkeit zu nehmen, bestimmte Züge durchzuführen — gefällt genau so wie die grafische Gestaltung des Spiels.

Hinzu kommt noch ein ziemlich geniale Schachtelgröße. Andere Verlage hätten sie wohl auf die doppelte Größe aufgebläht. Als Zwischenfazit gibt es von mir in jedem Fall eine Empfehlung. Allerdings sollte man zur englischen Ausgabe greifen. Zum einem, weil der Verlag, welcher die deutsche Lokalisierung übernommen hat, etwas merkwürdigen Kundenservice bietet. Zum anderen aber auch, weil je nach Händler die englische Originalausgabe 20 Euro günstiger ist. Das Spielmaterial ist zu 90 Prozent sprachneutral, wenn man also mit der englischen Anleitung (die es im Gegensatz zur deutschen ja frei verfügbar als PDF gibt) zurecht kommt, spricht nichts gegen die englische Ausgabe.

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