Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Angesichts eines Immobilienmarktes am Rande des Siedepunktes ist alternatives Wohnen mehr denn je gefragt. Was aber ist denkbar?

Wir wollen wohnen

Lange bevor die Wohnungs- und Mietpreise in Deutschland explodiert sind, haben sich bereits Menschen mit anderen Formen des Wohnens auseinander gesetztes. Alternatives Wohnen ist kein modernes Buzzword, sondern gelebte Realität.

Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Irgendwo einen Platz zum schlafen und eben haben. Die Ausgestaltung ist dabei individuell, aber es gibt einen fast erschreckenden Konsens. Einen Konsens darüber, wie man denn zu wohnen hat. „Die eigenen vier Wände“, in dieser Redensart steckt eine Menge mehr drin, als man vielleicht auf den ersten Blick erahnt. Es geht nicht nur darum, dass man statt zur Miete in einem eigenen Besitz wohnt, sondern das dieser Besitz Wände hat. Ein Zelt hat zwar genau so wie ein Bauwagen Wände, aber beides entspricht nicht der gängigen Wohnform in unseren Köpfen.

Das Problem: Wenn wir an alternatives Wohnen denken, stoßen wird schnell an eine Barriere der Ablehnung. An eigene und fremde Vorurteile. Das passiert sogar dann, wenn man nur ein Detail aus den üblichen Vorstellungen weglässt.

So ist für den größeren Teil der deutschen Bevölkerung ein Leben ohne Auto nur schwer vorstellbar. Ohne Auto zu leben und wohnen — das können doch nur Exoten sein. Wie fest sich so was in den Köpfen gesetzt hat, erlebe ich häufig in Gesprächen mit anderen. Immer dann, wenn das Thema drauf kommt, wo ich wohne: in einer autofreien Siedlung. Dabei ist das noch nicht mal richtiges alternatives Wohnen.

Alternatives Wohnen auf dem Feld

Draußen wohnen zu jeder Jahreszeit

Indianer und alternatives Wohnen

Von Nippes im Kölner Norden nach Süden. In Zollstock gibt es eine so genannte Indianersiedlung. Eine Siedlung, deren Ursprung Ende der 1920 Jahre liegt. Auch wenn dort zur Zeit vieles im Umbruch  ist, auf mich wirkt es immer noch wie echtes alternatives Wohnen. Zum Teil viel radikaler als hie bei uns in der autofreien Siedlung. Nur die Probleme der Menschen untereinander ähneln sich.

Als ich mir gestern den Filmbeitrag ansah, hat es mich beeindruckt. Dazu ist es aber nötig, sein Herz und Verstand zu öffnen und etwa das Leben draußen und im Bauwagen wie bei einer Familie nicht einfach kategorisch abzulehnen. Man merkt sehr schnell, wie einen das eigene Bild von wohnen regelrecht verseucht. Aber gerade in Bezug auf alternatives Wohnen brauchen wir frische Ideen und müssen uns lösen von einer doch sehr konservativen Vorstellung.

In den vergangenen Wochen habe ich lange über ein Tiny House  nachgedacht. Auslöser dafür war ein andere Filmbeitrag, auch vo WDR, über so genannte Konsum-Aussteiger. Ehrlich, ich bewundere die dort dokumentieren Familien. Es gehört Mut und Kraft dazu, in unserer Gesellschaft einen solchen Schritt zu wagen.

Arme reiche Kinder

„Die armen Kinder“ — mit Sicherheit gibt es Zuschauerinnen und Zuschauer, bei denen dieser Satz nicht nur ein Mal fällt. Dabei wirken auch mich die Kinder viel freier.

Was mich in Bezug auf das Thema alternatives Wohnen dem so genannten Tiny House angefixt hat, ist die Vorstellung, nicht in einem Haus aus Beton und Stein zu wohnen. Es muss nicht mal ein Tiny House sein, aber eines aus Holz. Der CO2-Fußabdruck solcher Häuser ist im Übrigen beeindruckend positiv, wie die Süddeutsche Zeitung vor einigen Tagen berichtete.

Was die Kosten angeht, ist aber so ein Holzhaus auch nicht ohne, wobei der Burgund selber einer der teuersten Posten ist. An dieser Stelle könnte man darüber philosophieren, warum Boden überhaupt Privateigentum sein kann — ich gehe aber lieber noch mal zurück zum Tiny House, welches insgesamt weniger Platz benötigt.

Leben und wohnen auf etwa 36qm wie bei einem Modell der Firma Raumwerk — das klingt nach Verzicht, Einschränkung.

Von Fesseln befreien

Wenn ich etwa bei uns ins Wohnzimmer blicke, die Regale mit den ganzen Brettspielen dort sehen. Die hätten auf 36qm keinen Platz, genau so wie vieles andere. Und nicht nur mir wird es so gehen.

Es gibt jedoch so lichte Momente, wo ich an „A Christmas Carol“ von Charles Dickens denke. Genau gesagt an die Kette, die sich der verstorbene Jacob Marley zu Lebzeiten selber schmiedete. Eine Kette aus Besitz.

Sind wir vielleicht nicht viel freier, wenn wir uns davon lösen? Eine sicher unbequeme Frage. An der Antwort hängt es aber, ob wir wirklich bereit sind, uns auf alternatives Wohnen einzulassen.

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