Unbestritten gehörte Karl Marx zu den größten Theoretikern des Sozialismus und Kommunismus. Genau so unbestritten ist jedoch, wie häufiger er posthum missbraucht wurde.
Posthume Entehrung
Die eine oder der andere wird sich möglicherweise noch an Chemnitz erinnern. Ausnahmsweise nicht an die Schlagzeilen, welche die Stadt im vergangen Jahr machte, sondern an ihren anderen Namen, den sie zeitweise trug. In der Zeit von 1953 bis 1990 hieß Chemnitz Karl-Marx-Stadt. Die Umbenennung erfolgte damals ohne eine Beteilung der Bevölkerung von Chemnitz. Von oben herab, sozusagen.
Karl Marx hätte sich vermutlich dafür geschämt. Aber auch für die ganzen Büsten und Standbilder von ihm, die im Arbeiter-und-Bauern-Staat inflationär aufgestellt wurden. Mit dem, was Marx zu seinen Lebzeiten an Vorstellungen hatte, hatte dies recht wenig zu tun. Das Problem wenn man tot ist: man kann sich gegen den Missbrauch seiner selbst nicht mehr wehren.
Die von Karl Marx und Friedrich Engels entwickelten Theorien wurde pervertiert und missbraucht. Die DDR war kein kommunistisches Paradies, sondern ein autoritärer Staat, in dem eine Clique von Parteifunktionären das Sagen hatten. Das ist nichts anderes als Kapitalismus mit anderen Vorzeichen. Mit zwei großen Unterschieden: Statt Überfluss herrschte Mangel und Widerstand so wie Republikflucht konnten tödlich sein.
Aber weniger um die DDR und ihren Missbrauch von Karl Marx gehen, sondern um die SPD.
SPD mochte Karl Marx
Die Überschrift ist im Prinzip unvollständig und müsste ergänzt werden. Die SPD mochte Karl Marx noch nie, wäre vermutlich nicht ganz falsch. Mit Marx hatte die SPD, insbesondere nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland, so viel gemeinsam wie Socken mit einer Krawatte. Man befindet sich am selben Körper, geht aber ansonsten getrennte Wege.
Ja, irgendwie war da mal was, gab es Wurzeln der SPD, die sich auf die Ideen von Marx und Engels zurückführen lassen. Nur hat man mit dem gebrochen. Teils, weil man sich nicht mit roten Socken gemein machen wollte, teils weil eine notwendige Weiterentwicklung erforderlich war. Aber auch, weil man schlichtweg die Wurzeln vergessen hatte, sie sogar vergessen wollte.
Vergangen Tage kam Karl Marx dann zurück in die SPD. Beziehungsweise man gedachte ihm in Form einer Beitragsmarke für 2018, welche die Mitglieder erhielten.
Da ich bis zum April 2018 und meinem Austritt noch Mitgliedsbeiträge bezahlt hatte, bekam ich auch Post von der Partei — und musste mehrfach brechen. Die Aufforderung, doch wieder Mitglied zu werden waren dafür genau so Grund wie eben jene Marke mit Marx.
Der würde sich im Grab herumdrehen, würde er die Marke und das sehen, was die SPD heute darstellt. Was kommt für die Beiträge 2019? Etwa eine Marke mit dem Porträt von Rosa Luxemburg zu ihrem 100. Todestag? Liebe SPD, du solltest dich wirklich schämen!