Eine Zukunft ohne Bahn ist unvorstellbar. Trotzdem wird mit dem Schienenverkehr in Deutschland so umgegangen, als ob es noch eine Alternative dazu gäbe.
Zum Wohle aller
Schlagzeile gestern morgen in der Süddeutschen Zeitung: „Bahn will 22 000 Mitarbeiter einstellen“. Eine der Maßnahmen, mit dem der Konzern in erster Linie seinen alleinigen Anteilseigner, dem deutschen Staat, beruhigen will. Wirklich helfen wird es vermutlich erstmal nicht, auch wenn noch Weiteres beschlossen wurde.
Aber der Reihe nach. Meiner Meinung nach ist wie bereits einleitend gesagt, eine Zukunft ohne Bahn tatsächlich unvorstellbar. Würde der Schienenverkehr in Deutschland ersatzlos gestrichen, bräche der Verkehr in Deutschland zusammen. Aber nicht nur das. Unser alle Lebensqualität würde im erheblichen Maß sinken. Kollabierender Verkehr, eine Verlagerung von der Schiene auf die Straße gehen einher mit einer deutlich größeren Belastung der Umwelt durch Abgase. Hinzu kommen fehlende Parkmöglichkeiten, mehr Lärmbelastung.
Gleichfalls würde auch der öffentliche Nahverkehr in einer Art Dominoeffekt kollabieren, denn er ist mit dem Schienenverkehr der Bahn eng verknüpft. In einer Zukunft ohne Bahn würden wir im Individualverkehr ersticken. Mit anderen Worten, ohne Bahn haben wir selber als Gesellschaft keine Zukunft, in der wir leben wollen.
Dennoch behandelt wir die Bahn wie die ungewünschte Stieftochter. Gerne wie über sie geschimpft, gelästert und Witze gerissen.
Keine Zukunft ohne Bahn
Da eine Zukunft ohne Bahn prinzipiell unvorstellbar ist, müssen wir uns die Frage gefallen lassen, ob wir noch ganz bei Trost sind. Die Verantwortlichen für die nicht zu leugnen Misere der Bahn müssen zur Verantwortung gezogen werden. Ebenso erforderlich ist ein Masterplan Bahn, um sie fit zu machen für die Zukunft und die Herausforderungen.
Die beim Krisentreffen der Konzernspitze mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer am Donnerstag präsentierten Pläne sind ehrlich gesagt ein Witz.
Die 22.000 zusätzlichen Mitarbeiter hören sich beeindruckend an. Angesichts eines leergefegten Arbeitsmarktes für die zu besetzenden Stellen bleibt es aber erstmal Wunschdenken. Zudem werden damit nicht schlagartig alle Problem gelöst.
Markus Balser brachte das in der SZ recht gut auf den Punkt:
Bei der Deutschen Bahn fehlt nach wie vor der große Wurf.
Markus Balser in: SZ vom 17.01.2019
Er bezieht sich dabei unter anderem auch auf neue Anzeigetafeln an den Bahnhöfen, die angeschafft werden sollen. Damit fährt in der Tag kein Zug pünktlich und es hilft auch nicht gegen das marode Schienennetz. Das wahre Problem der Bahn lässt sich recht einfach auf den Punkt bringen. Es wurde über Jahre zugunsten der Bilanz auf notwendige Inventionen verzichtet. Jetzt fehlt Geld, der Konzern ist verschuldet.
Die Idee von Basler ist hier recht einfach wie genial. „Nötig ist 25 Jahre nach der Bahn-Reform ein erneuter Umbau des Unternehmens“ — so sehe ich das auch. Vermutlich aber etwas radikaler als Markus Balser. Der Konzern gehört zurück in die Hand des Staats. Zwar ist der Staat alleiniger Anteilseigner, aber die Konstruktion wurde gewählt, um zum Zeitpunkt X Anteile verkaufen zu können. So wichtig wie die Bahn ist, muss sie der Allgemeinheit gehören, auch in Zukunft.
Eine Antwort
Das eigentliche Problem der Miesere bei der Bahn sitzt noch viel tiefer:
Das Streckennetzt der Bahn wurde aus Sparsamkeitsgründen kaputt gespart.
Das betrifft zu einen die großmaßstäbischen Streckenstillegungen der letzten Jahrzehnte. Die Bahn ist so gar nicht in vielen Regionen gar nicht mehr im Stande, potentielle Bahnnutzer und potentielle Anschließer im Güterverkehr zu überhaupt zu bedienen. Diese sind dann zwingend auf die Straße als Verkehrsweg angewiesen.
Das nächste Problem, was damit verbunden ist, wirkt sich auf den übrigen Schienenverkegr aus:
Muß eine der verbliebenen Strecken einmal über längere Zeit gesperrt werden (z.B. wegen Sanierungsarbeiten), dann muß der Umleitungsverkehr in dieser Zeit zwangsläufig über „Sonstwo“ erfolgen. Das ist weder kundenfreundlich noch ökonomisch – und umweltfreundlich ist das gleich gar nicht.
Das nächste Problem der falschen Sparsamkeit ist die Kapazitätsbeschneidung auf den verbliebenen Strecken. Aufgrund falscher Sparsamkeit wurden auf den verbliebenen Strecken viele Kreuzungs- und Überholgleise ausgebaut.
Dadurch sind die Strecken für zusätzlichen Verkehr nur bedingt aufnahmefähig. Was sich zu Kriegszeiten Höchstfahrplan nannte, ist auf vielen Strecken inzwischen Dauerzustand. Muß z.B. eine Strecke wegen bauarbeiten gesperrt werden, behindern sich die Züge auf den Umleitungsstrecken, weil diese nur bedingt aufnahmefähig sind.
Bei Abweichungen vom Fahrplan gerät der gesamte Verkehr durcheinander, weil eine Verlegung von Zugkreuzungen oder Überholungen auf andere Bahnhöfe oft unmöglich sind. Verspätet sich ein Zug, wird er entweder dadurch zusätzlich verspätet oder der gesamte Fahrplan gerät aus den Fugen.
Das Nachsehen haben zudem private Bahnbetreiber:
Da die Bahn auf interne Bedürfnisse Rücksicht nehmen muß, können privaten Bahnbetreibern die gewünschten Trasen zur gewünschten Zeit oft nicht angeboten werden, weil die Strecken mit Zügen der Deutschen Bahn voll ausgelastet sind. Im fernverkehr hat sich dabei bei den privaten Bahnbetreibern bisher nicht viel getan – und es ist aus den genannten Gründen nicht zu erwarten, daß sich das in absehbarer Zeit ändern wird.
Unter den gegebenen Umständen ist daher an eine Gesundung der Bahn nie zu denken.
Es braucht einer grundlegenden Änderung der Einstellung zur Bahn als Transportmittel und einer grundlegenden Änderung technischen und finanziellen Begebenheiten bei der Bahn, um diese Mißstände zu beseitigen.
Andernfalls gerät die Bahn als Transportmittel in eine Sackgasse ohne Ausweg und damit wäre niemandem geholfen – weder der Bahn noch ihren Nutzern und der Umwelt gleich gar nicht.