Nur scheinbar gibt es in westlichen Demokratien keine Könige mehr. Sie sind jedoch mitten unter uns, genau so wie die Königsmacher, die sie küren.
Hoch dem Kaiser!
„Seine Kaiserliche und Königliche Majestät, Kaiser Wilhelm, lebe hoch!“ rief Friedrich I. von Baden am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles. Aus König Wilhelm wurde der Kaiser des Deutschen Reiches. Die genauen Umstände und der Widerwillen von Wilhelm sind schon sehr interessant. Auch die diplomatische Lösung, mit dem man ihn letztendlich doch zum Kaiser machte.
In der Geschichte gab es immer wieder Männer (und eher weniger Frauen), die selber nicht auf den Thron kamen (und zum Teil auch nicht wollten), aber anderen dazu verhalfen. Königsmacher im wahrsten Sinne des Wortes. In abgewandelter Form findet man sie noch heute, auch wenn die Bezeichnung Königsmacher nicht mehr so ganz passt. Königinnen und Könige gibt es kaum noch. Und wenn, werden Titel meistens vererbt. Aber man wird zum Beispiel Bundeskanzlerin. Hier gibt es dann wieder Personenkreise, die einem dazu verhelfen. Zum Beispiel willige Koalitionspartner wie die SPD. Der feine Unterschied etwa zu Friedrich I. und Bismarck (dem Palpatine im Hintergrund): sie waren starken Persönlichkeiten, die ihre Interessen durchsetzen und sich nicht über den Tisch ziehen ließen für eine Illusion von eigener Macht.
Verlierer als Königsmacher
Für Königsmacher gilt entsprechend, dass sie entweder aus einer Position der Stärke handeln. Oder aus einer Position der Schwäche. Beide Formen haben ihre ganz eigenen Motive.
Wenden wir uns aber ab von Geschichte und Politik und schauen uns Königsmacher zu, die ich leider immer wieder erleben. Zum Teil werde ich auch selber zu einem. Was mir dann aber im Folgenden ermöglicht, etwas zu den Motiven zu sagen.
Die Rede ist hier natürlich von Brettspielen. Der überwiegende Teil der Brettspiele ist kompetitive. Am Ende gibt es einen Sieger und viele Verlierer. Das ist für mich soweit kein Problem. Zumindest dann nicht, wenn während der Spielzeit für alle Beteiligten immer noch die Chance besteht, am Ende Sieger zu werden. Je früher sich allerdings abzeichnet, wer gewinnen wird, desto problematischer finde ich solche Spiele. Bei manchen entscheiden nur wenige Runde darüber. Umso ärgerlicher wird es dann, wenn die Spielzeit beträchtlichen Umfang hat. Mit anderen Worten: wenn nach anderthalb Stunden bei einem Spiel von fünf Stunden Dauer der Sieger schon fest steht, ist das für den Rest der Spieler kein gutes Gefühl. Das wird auch nicht besser, wenn bei sechs Spielern zwei potentielle Thronanwärter am Tisch sitzen.
Verhindern als Motiv
Diejenigen, die sich bereits als Verlierer wähnen, haben dann nur noch die Rolle als Kanonenfutter und Königsmacher. Ihre Aktionen entscheiden, wer von den beiden Kandidaten das Spiel gewinnt. Das hört sich nicht nur unbefriedigend an, es ist auch genau so. Als Königsmacher entscheidet man sich dann für den Sieger aus unterschiedlichen Gründen. Einer der häufigsten dürfte wohl sein, dass man dem anderen Spieler den Sieg nicht gönnt. Ein Ministerposten wie bei einer Koalition springt ja nicht für einen dabei raus, wenn man anderen zum Sieg verhilft.