In Nusfjord geht es nicht um die Wurst, sondern um Fisch. Dabei vermittelte das Spiel streckenweise selber den Eindruck, weder Fleisch noch Fisch zu sein.
Fangfrisch auf den Tisch
Fangen wir direkt mit einer Lüge an. Nusfjord kam bei uns an diesem Wochenende alles andere als Fangfrisch auf den Tisch. Genau gesagt befindet sich das Spiel bereits seit dem vergangenen Herbst in unserem Besitz, blieb aber bisher ungespielt. Vor ein paar Wochen habe ich es zumindest geschafft, die Schutzfolie zu entfernen und die Karten zu sleeven. Einem spontanen gemeinsamen Beschluss folgend haben sich meine Frau und ich gestern an die Regeln herangetraut. Die sind tatsächlich einfacher, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Damit steigen wird sofort ein in eine ganze Reihe von nicht unerheblichen Kritikpunkten.
Obwohl Nusfjord von Uwe „Agricola“ Rosenberg stammt und auch wie das Bauernhofspiel bei Lookout erschienen ist, bleiben die Regeln weit hinter dem Standard zurück, den die letzte Auflage von Agricola gesetzt hat. Statt die Anmerkungen und Beispiele in einer Marginale abzuhandeln, steht alles untereinander. Zwar farblich jeweils passend hervorgehoben, aber doch den Lesefluss und das schnelle Erfassen der Kernregeln hemmend. Liebe Leute von Lokout Spiele, ich weiss, dass ihr das erheblich besser könnt.
Kritikpunkte bei Nusfjord
Zumindest im Material für zwei Spieler hat sich ein Fehler in den Plättchen für die Spielrunden eingeschlichen, denn dort steht beim Spieler 2 eine 5 statt einer 6 auf dem Plättchen. Die im Übrigen auch extrem klein geraten sind. Immerhin, sie sind größer als die 1er Goldstücke, die ich ehrlich gesagt als Frechheit empfinde. Bei einem Spiel, was 52 Euro kostet, darf man wohl zu Recht enttäuscht sein, wenn man Spielgeld in der Größe von Konfetti erhält.
Überdimensioniert sind dagegen die Arbeitscheiben der Spieler, die nicht richtig auf einige der Aktionsfelder passen. Ein dickerer und nur halb so großer Spielstein wäre hier ausreichend gewesen. Leider gibt der Spielplan von Nusfjord auch Anlass zur Kritik. Den gibt es eigentlich so nicht, sondern nur einzelne Tableaus, für die Aktionsfelder, die Ältesten, die Gebäudekarten (aber nicht für die C-Karten) und die Festtafel der Ältesten.
Folgt man dem empfohlenen Spielaufbau für zwei Spieler, kann einer bei einem Tisch, der lang genug ist, alles prima lesen. Wenn der andere dann nicht perfekt im über Kopf lesen ist, hat er einen erheblichen Nachteil im Spiel. Was bei den Aktionsfeldern noch annähernd zu entziffern ist, wird bei den Ältesten und den Gebäudekarten schon fast unmöglich. Diesen Nachteil wird Nusfjord auch mit mehr als zwei Spielern behalten.
Tja, und dann kommt da noch die grandiose Empfehlung für das erste Spiel in der Anleitung:
Für euer erstes Spiel empfehlen wir euch, die Gebäudekarten des HERINg-Decks zu verwenden.
Sofern man kein leidenschaftlicher Angler ist, steht man jetzt wie der Ochs vorm Berg. Was zum Teufel ist das Hering-Deck? Erklärt wir das nirgends.
Butter bei die Fische
Die Antwort muss man sich dann aus dem Netz fischen (auch hier: steht nicht auf der Verlags-Seite). Die silbernen Fische (100er-Kartennummern) sind das Herings-Deck, die blauen Fische das Makrelen-Deck (200er-Kartennummern) und der braune Fisch ist entsprechend Kabeljau (300er-Kartennummern).
Trotz dieser nicht gerade wenigen Punkte, die sich ei einer wünschenswerten Neuauflage mühelos korrigieren ließen, bleibt die Frage, wie sich Nusfjord denn eigentlich spielt. Ehrliche Antwort: extrem kurzweilig und spannend. Andere Rezensionen sprechen davon, dass viele der im Spiel vorkommenden Mechanismen bereits von Rosenberg in anderen seiner Spiele verwendet wurden. Entsprechend sei Nusfjord kein großer Wurf. Mag sein. In unser Sammlung befinden sich nicht so viele Rosenberg-Spiele, ein paar haben wir ganz bewusst zugelassen. Daher gilt für uns dieser Punkt nicht.
Nusfjord spielt sich schneller und weniger brutal als Agricola. Selten kommt es vor, dass man durch die Aktion anderer Spieler komplett blockiert ist — dafür hat jeder auch nur drei Arbeiter. Die Mechanismen mit den Anteilen und der Festtafel der Ältesten sorgen für Interaktion. Man schafft Möglichkeiten für sich und die anderen Spieler. Die Freude ist auch recht groß, wenn man selber wenig eigene Boote hat, dafür aber viele Anteile von seinen Mitspielern, die einem ihren gefangenen Fisch abtreten müssen. Sieben Spielrunden sind schnell um, meistens steht ein „noch Mal!“ schnell im Raum.
Fazit: Nusfjord ist ein empfehlenswertes Spiel von Uwe Rosenberg, beim Lektorat des Spieles hätte man aber mehr Aufmerksamkeit walten lassen sollen.
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