Falsch zugestellte Pakete geben immer wieder Anlass für eine Beschwerde. Die meisten Kunden erfahren jedoch nie, was daraus wurde. Vielleicht ist es auch besser so.
Bestellungen liefern lassen
Die zahlreichen Paketdienstleister sind nur die Spitze des Eisbergs unserer modernen Dienstbotengesellschaft. Je mehr wir online bestellen, je mehr wir uns liefern lassen, desto mehr Menschen werden für die Zustellung benötigt. Zugegeben, als Mensch der ganz bewusst und gerne autofrei lebt, steht für mich dieser Lebensstil im Vordergrund. Das dieser nicht von Verzicht geprägt ist, habe ich einer ganzen Reihe von Dienstleistern zu verdanken. Der Zug welche mich zur Arbeit bringt wird von anderen Menschen gefahren. Mein Feierabendbier wird mit der Flaschenpost geliefert und der Wein zum grillen schleppt auch häufiger jemand anders direkt vor unsere Haustür.
Je mehr man bestellt, desto häufiger kann es zu Problemen bei der Bestellung oder deren Lieferung kommen. Das mündet dann meistens in einer Beschwerde. Einfach ist der Fall, wenn die Verantwortung beim Versender oder Anbieter direkt liegt. Oft wird Kundenzufriedenheit groß geschrieben, so dass man bei einer berechtigten Beschwerde mit einem Gutschein getröstet wird — oder mit einer kostenlosen Ersatzlieferung, wenn man statt dem bestellten DIN-A4 die doppelte Menge DIN-A5 Papier bekommen hat.
Beschwerde beim Zusteller
Bei einer Beschwerde über den Zusteller habe ich in der Vergangenheit sehr oft den Eindruck, diese würde im Sande verlaufen. Oder zumindest nicht die von beabsichtigten Konsequenzen haben. Als ich die Süddeutsche Zeitung noch in Papierform bekam, gab es oft genug Anlass für Reklamationen. Zu spät oder gar nicht zugestellt, zum Beispiel. Zwar gab es dann Ersatz oder eine Gutschrift. Das war aber nie eine Garantie, dass der gleiche Zusteller bei nächster Gelegenheit wieder verpatzt.
Bei Paketen und DHL kam es bisher immer zu Problemen, wenn der eigentliche Zusteller im Urlaub war. Die Aushilfe machte dann schon mal gerne früher Feierabend und ließ den Rest der Pakete als unzustellbar zurück gehen. Eine Beschwerde bei DHL, als Empfänger, wird dann zum Geduldspiel.
Viel Geduld habe ich zum Glück, wo bei mir letztens jedoch der Faden riss. Für vieles habe ich Verständnis, aber eine Verletzung des Briefgeheimnisses kann ich nicht auf sich beruhen lassen. Bei einer Lieferung durch Hermes wurde das Paket vom Zusteller geöffnet, damit der Inhalt in den Briefkasten gestopft werden konnte. Entsprechend sauer war ich an diesem Abend. Es führt dann zu einer gepfefferten E-Mail mit dem Hinweis, dass ich mir die Erstattung einer Anzeige vorbehalten würde.
Mehr als nur Stellungnahme
Tatsächlich gab kurze Zeit später eine Stellungnahme vom Kundenservice auf Grund meiner Beschwerde. Man können den Ärger nachvollziehen und entschuldige sich für die Unannehmlichkeiten. Selbstverständlich gehe man der Sache auf den Grund und würde mich dann auch informieren.
Hörte sich für mich ziemlich nach den üblichen Textbausteinen für solche Kunden und Fälle an. Ende Mai bekam ich dann aber tatsächlich noch eine E-Mail. Darin hieß es:
Es tut mir sehr leid, dass Ihr Hermes Bote Ihre Sendung nicht ordnungsgemäß zugestellt hat. Hermes legt großen Wert auf einen einwandfreien Kundenkontakt und Transport der uns anvertrauten Sendungen. Daher wurde Ihr Hermes Bote von uns belehrt und ermahnt und auf das korrekte Vorgehen hingewiesen, so dass Sie zukünftig wieder mit einem guten Service rechnen können.
Für mich war damit die Sache abgeschlossen. Auch wenn ich nicht wirklich an die Ermahnung glauben wollte. Das ändert sich gestern Abend um 21:01 Uhr.
Am Ende der Kette
Es klingelte an der Tür. Meine Frau sahen uns an. Eigentlich erwarteten wir keine Bestellung. Sie öffnete die Tür, eine Zusteller von Hermes kam hoch. Auf dem Sofa sitzend hörte ich den Anfang des Gesprächs mit, bevor ich mich einklinkte. Es war jener Zusteller, der das Paket in den Briefkasten gestopft hatte. Wenn er nicht nachweisen könne, dass ich dieses Paket erhalten habe, müsse er 300 Euro aus eigener Tasche zahlen. Der Mann war echt fertig und tat mir total leid. Was genau passiert war, wusste er wohl nicht, dafür waren seien Sprachkenntnisse zu schlecht. Auch die Zettel mit dem gesamten Vorgang inklusive meiner E-Mail hat er nicht verstanden.
Vor mir stand ein Häufchen Elend, einer ganz unten an der Kette der Dienstleister für mein autofreies Leben. Es war keine Masche von ihm, um aus der Sache herauszukommen, das wurde mir schnell klar. Im ruhigen Ton erklärte ich ihm das, was er aus meiner Sicht falsch gemacht hatte und quittierte ihm nachträglich den korrekten Erhalt der Lieferung. Für ihn wären 300 Euro echte eine Menge Geld gewesen — von dem wenige, was er als Zusteller ehedem verdient. Im Übrigen hat die Lieferung selber einen Warenwert von 27 Euro gehabt.
Schuldfrage
Für mich stellt sich die Schuldfrage mittlerweile ganz anders. Eine halbe Nacht lang dachte ich noch mal über die Begegnung nach. Ist wirklich der Zusteller, der in seiner Not, mehr Pakete zustellen zu müssen als er schafft, der „Böse“? Sind es wir selber, die immer mehr aus Bequemlichkeit bestellen? Oder ist es der Paketdienst, der seinen Gewinn maximiert durch fragwürdige Arbeitsbedingungen?
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