Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Als Demokrat muss man sich zur Wehr setzen, wenn die Zeit des Nationalsozialismus als Vogelschiss verharmlost wird. Auch auf die Gefahr hin, in eine bewusst gestellte Falle zu tappen.

Lack ab

Für Besitzer eines neuen Autos ist ein Vogelschiss keine Kleinigkeit. Es gibt Kollegen, die sich panisch Sorgen um den Lack an ihrem Wagen machen. Das bei der AfD der Lack ab ist und der braune Rost zu Vorschein kommt, sollte spätestens seit vergangenem Wochenende jedem deutlich sein.
Der AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland äußerte sich auf dem Bundeskongress des Parteinachwuchses JA (nicht zu verwechseln mit HJ, das wäre die Hinter-Jugend…) wie folgt:

Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.

Eine solche Äußerung ist ungeheuerlich. Leider folgt sie aber auch einer ganz bewusste Kalkulation. Das drauf folgende Medienecho und die Empörungswelle nahm Gauland nicht nur in kauf, sondern er provozierte sie ganz bewusst. Nichts ist für die AfD schlimmer, als wenn über sie geschwiegen würde.
Nimmt man Stellung zum Vogelschiss von Gauland, geht man ihm natürlich auf dem Leim. Dennoch kann man so einen Satz wie seinen nicht einfach umkommentiert lassen.

Vogelschiss der AfD

Antranias / Pixabay

Geschichtlicher Vogelschiss

Wenn etwas ein Vogelschiss ist, dann die angebliche deutsche Geschichte. Die Reichsgsründung erfolgte bekanntlich 1871, ein gesamtdeutsches Staatsgebilde gab es vorher nicht. Verglichen mit anderen Ländern und deren Bestand ist das tatsächlich ein Vogelschiss. Das aber meinte Gauland nicht, als er den Völkermord und Angriffskrieg verharmloste. Die Analogie der 1000 Jahre zum gewünschten tausendjährigen Reich ergibt sich vermutlich auch nur rein zufällig.
Natürlich umfasst die Zeit des Nationalsozialismus „lediglich“ 12 Jahre. Das Grauen, was die Deutschen in dieser kurzen Zeit über die Welt und die Menschen brachten, kann dadurch aber nicht kleingeredet werden. Das Echo dieser Jahre reicht bis in unsere Gegenwart. Und wir sollten einiges dafür tun, dass es nicht verstummt — das wir uns erinnern und mit all unserer Kraft eine Wiederholung verhindern.
Selbst wenn man für einen kurzen Moment die NS-Zeit ausblendet, kann man kaum von einer ansonsten ruhmreichen Geschichte sprechen. Hat dieser Herr Gauland etwa den Ersten Weltkrieg vergessen? Die viele Toten, die Deutschland zu verantworten hat? Gehört etwa das Völkermord an den Herero durch Lothar von Trotha auch zu dem, worauf man stolz sein kann? Leistungen Deutsche aufzuzählen, die allen Menschen in dieser Welt zu gute gekommen sind, ist an dieser Stele nicht erforderlich. Es klänge nach abwiegen, frei nach dem Motto: „Ein Goethe, ein Gutenberg, dafür kann man schon mal Polen annektieren.“
Alexander Gauland ist einfach nur erbärmlich. Die einfachste und kürzestes Antwort, die man ihm geben kann, fand ich heute morgen an einem Laternenmast, auf einem Aufkleber: „Deutsch sein ist keine Leistung“.

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