Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Anzahl der Hütchenspieler in Köln ist vermutlich unbekannt. Bekannt sind eher die Personen in der Politik, die statt Hütchen Posten vertauschen und öffentliche Gelder verzocken. Wirklich demokratiegefährdend sind jedoch die Büdchenspieler.

Pronto Salvatore

Dem ersten Hütchenspieler begegnete ich als Jugendlicher im Fernseher. Zu sehen war er bei RTL, dem damals noch neuen Privatfernsehsender. Salvatore nannte sich die Person, mit dem die Zuschauer zocken konnte. Im vergangen November ist der Mann hinter Salvatore, Franco Campana, verstorben. In Köln. Hier kennt man nicht nur RTL sehr gut, sondern auch Hütchenspieler. Die nennt man freilich nicht so, auch von Zocken ist nie die Rede, sondern von Klüngel. Zuletzt etwa in der Börschel-Affäre. Der Klüngel soll aber mal heute unter den Tisch fallen, es gibt wichtigere Themen. Zwei, die Köln und Italien auf gewisse Weise verbinden. Bei beiden lässt sich nämlich die Frage stellen, ob sie die Demokratie gefährden.
Beginnen wir mit dem Naheliegendsten, also für mich Köln. Wobei es eigentlich das Rheinboulevard nicht nur tangiert. Und selbiges liegt, wie man hier in der Domstadt so schön sagt, auf der Schäl Sick. Es ist ein spezieller Kölner Humor, dass man so ein Bauwerk auf die angeblich versöhnte Rheinseite setzt, damit man von dort auf die sich auf der richtigen Seite befindliche Altstadt blicken kann.

Hütchenspieler

manfredrichter / Pixabay

Hütchenspieler in der Verwaltung

Mit Humor kommt man aber in Köln nicht weiter. Erstens, weil der Köln an sich erstaunlich humorlos ist, wenn man Köln kritisiert. Und zweitens deswegen, weil die Sache keineswegs lustig ist. Statt Hütchenspieler gibt es in der Stadtverwaltung Büdchenspieler. Obwohl vom Rat der Stadt Köln die Errichtung von Büchden am Rheinboulevard beschlossen wurde, kann man jetzt folgendes in der Kölnischen Rundschau lesen: Rheinboulevard Pläne für Kiosk liegen auf Eis – Hyatt baut Pavillons.
Da das Edelhotel auf seinem Grundstück für Besucher Pavillons baut, an der auch Getränke zu entsprechenden Preisen erworben werden können, hat die Interims-Baudezernentin Andrea Blome kurzerhand die Pläne zum Bau von Büdchen verzichten. Dabei sind die Büdchen politisch gewollt und durch den Rat der Stadt abgesegnet. Nur die Verwaltung will sie offensichtlich nicht, denn bereits früher Baudezernent Franz-Josef Höing (ursprünglich mal von der Kölner SPD hoch gelobt und gefeiert) fand immer wieder Ausflüchte, um den Bau zu verzögern.
Man muss sich zum wiederholten Mal fragen, wer in Köln das Sagen hat und Entscheidung trifft. Offensichtlich sind es die von den Bürgerinnen und Bürgern demokratisch gewählten Politiker nicht.

Demokratie in Italien gefährdet

Von Köln geht es dann ganz ohne Hütchenspieler nach Italien. Mehre Monate nach der Wahl dürfte die Bildung einer neuen Regierung jetzt gescheitert sein. Italiens Präsident Sergio Mattarella lehnte die Koalition zwischen der rechtsnationalen Lega und der Cinque Stelle (die außer für 5 Sterne für eine Menge diffuses und widersprüchliches Zeug stehen) abgelehnt. Nicht etwa, weil sie im Prinzip nicht zueinander passen, sondern weil er ganz offensichtlich nicht einverstanden war mit einem EU-kritischen Ministerkandidaten.
Skandale schreit man jetzt im fernen Deutschland, gar von Staatsstreich von oben wird gesprochen. man sollte hier die Kirche im Dorf lassen. Für das Veto des Staatspräsidenten gibt es gute Gründe. Er hat im Sinne von Europa und im Sinne der Demokratie gehandelt.
Mittlerweile glauben auch viele in Italien, wie die Süddeutsche Zeitung heute schreibt, dass der Chef der Liga, Matteo Salvini, das Bündnis nie gewollt hat. Trotz ihrer 17 Prozent im Vergleich zu den 33 Prozent der Fünf Sterne hat die Lega unter Salvini ihrem potentiellen Koalitionspartner eine Reihe von Zugeständnissen abgenötigt.
Man könnte die Entscheidung von Mattarella aus so interpretieren, dass er nicht dem internationalen Finanzkapital einen Gefallen getan hat, sondern den Italienerinnen und Italienern. Viele von ihnen, welche die Cinque Stelle wählten, erschrocken sein bei der Vorstellung, quasi die Lega mit in die Regierung befördert zu haben.
Wie beim Hütchenspieler. Man schaut nicht hundertprozentig genau hin und schon ist unter dem vermeintlich richtigem Hütchen was ganz anderes.

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