Wer mutig genug war, konnte sich gestern im Livestream ansehen wie die SPD versagt. Es gibt sicherlich schönere Beschäftigungen an einem Sonntag.
Hoffnungschwund
Wenn es noch so etwas wie Hoffnung gab, so verschwand diese spätestens nach dem Interview mit Kevin Kühnert im Spiegel. Selbst er hatte sich auf die Seite von Andrea Nahles geschlagen. Aber bereits im Vorfeld war im Grunde genommen klar, dass die anderer Bewerben um das Amt der Parteivorsitzenden chancenlos sein würde. Zumindest ich hatte keine Zweifel an einem Erfolg von Andrea Naheles — andernfalls hätte ich meinen Austritt aus der Partei nicht vollzogen.
Mit 66,35 Prozent der Stimmen wurde Nahles zur neue Parteivorsitzenden gekürt. Kein starkes, sondern ein sehr schwaches Ergebnis. Das ist das zweitschlechteste Ergebnis für den Parteivorsitz in der SPD-Nachkriegsgeschichte, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. Es zeigt zudem ganz deutlich, wie die SPD versagt. An sich selber, an der Alternative die es durchaus gegeben hätte. Und an dem bevorstehenden Neuanfang, der ausbleiben wird.
Einen Achtungserfolg kann die Gegenkandidatin Simone Lange mit 27,5 Prozent der Delegiertenstimmen vorweisen. Hier wird es sehr spannend, wie die Partei damit umgehen wird. Bindet sie Lange ein oder lässt sie sie draußen vor der Tür stehen?
SPD versagt an sich selbst
Natürlich kann man jetzt in Jubelschreie ausbrechen darüber, dass der SPD eine historische Leistung geglückt ist. Zum ersten Mal in der Parteigeschichte wurde eine Frau zur Vorsitzende gewählt. Andersherum muss man sich aber dafür schämen, dass die Partei so lange dafür gebraucht hat. Selbst hier hat die SPD versagt. Ganz ehrlich, die CDU schaffte das schon viel früher.
In der Sache selber kann ich dem ehemaligen SPD-Oberbürgermeister Christian Ude aus München nur zustimmen. Erneuerung ist mit der Wahl von Nahles tatsächlich zur Leerformel geworden. Eine andere Politik wird es nicht geben, auch seitens der Jusos nicht.
Das die neue Vorsitzende in ihrer Bewerbungsrede explizit betonte, dass sie vor 30 Jahren in die Partei eingetreten ist, zeigt auch das die SPD versagt. Warum? Man legt immer noch Wert auf Stallgeruch. Wichtig ist nicht, wofür man steht, sondern das man den langen Weg durch die Mühlen der Partei gegangen ist.
Die SPD versagt auch, weil ihr Kleinigkeiten nicht bewusst sind. Hätte man es richtig verstanden, hätten Genossen das Catering vor Ort übernommen. So aber lag die Versorgung in der Hand eines Dienstleisters, der stolze 6 Euro zuzüglich Pfand für ein Glas Cola verlangte. Als Delegierte muss man anscheinend nirgends sparen, anders als etwa die Hartz-IV-Empfänger — die wird es auch weiterhin geben, denn Nahles steht auf Standpunkt, die Debatten dürften sich nicht um 2010 drehen“. So kann man es auch formulieren.
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