Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Nach Operationen gelten Verhaltensmaßnahmen für die Nahrungsaufnahme. Dabei werden offensichtlich die Nebenwirkungen von Kaffeeentzug unterschätzt.

Hamstermenschen

Nach wie vor könnte ich bei jedem Hamster-look-a-like Wettbewerb den ersten Platz belegen. Meine Backen wirken sehr natürlich — für einen Hamster, nicht jedoch für einen Menschen. Die Schmerzen halten sich dabei jedoch in Grenzen. Klar, ich merke die Schwellungen. Zwischendurch gibt es auch immer wieder Schmerzstöße, die aber hinnehmbar sind. Wer wie ich unter Migräne leidet, weiß, was wirklich fiese Schmerzen sein können. In Extremfällen bin ich kreidebleich, mir ist kotzübel und befinde mich kurz davor, umzufallen. Dagegen ist das nach der OP recht harmlos.
Es gibt aber Nebenwirkungen, mit denen ich so nicht gerechnet habe. Laut Beipackzettel darf ich in den ersten Tagen nach der OP keine Reizstoffe zu mir nehmen. Explizit aufgeführt sind Alkohol, Kaffee und Nikotin. Letzteres ist mir als Nichtraucher ziemlich egal. Auch auf Alkohol kann ich verzichten. Nicht aber auf Kaffee. Genau das hatte ich verdrängt. Erst jetzt wird mir deutlich, wie sehr ich über die Jahre abhängig geworden bin von Kaffee beziehungsweise Tee, der Teein enthält — im Grund genommen enthalten beide Getränke Coffein. Aus chemischer Sicht sind die Substanzen identisch. Durch unterschiedliche Bindungen ist die Wirkungsweise und -dauer leicht anders.

 

Kaffeeentzug mit Folgen

95839 / Pixabay

Kaffeeentzug ist schmerzhaft

Allerdings ist mir das ganze Chemiegedöns egal. In der Disziplin war ich in der Schule keine große Leuchte. Merkwürdigerweise haben mir die Experimente zu Hause mit einem dieser Kosmos-Kästen ziemlichen Spaß gemacht. Wie gesagt, anderes Thema, lassen wir also beiseite. Das Stichwort Schule führt mich aber zu dem Punkt, an dem mein Kaffeekonsum begann. Ganz ernsthaft, mit der Einschulung. Der Junge braucht doch morgens eine Tasse Kaffee, hieß es. Brauchte der Junge dann später tatsächlich, denn ohne ging nichts.
Mittlerweile bedarf es morgens einen großen Becher Kaffee oder eine Schale Tee, um mich in Schwung zu bringen. Dazu dann die Zeitung und mindestens eine halbe Stunde am Frühstückstisch, ohne vollgequatscht zu werden.
So langer Konsum von Kaffee bleibt nicht ohne Folgen. Entsprechend macht mir der unfreiwillige Kaffeeentzug zu schaffen. Die Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche (bis hin zur Fahrigkeit) und launisch bin ich auch. Insgesamt fühle ich unmotiviert und antriebslos. Meine Gedanken kreisen um die Siebträgermaschine und den Moment, wenn ich daraus wieder den ersten Espresso trinken darf.

Feldversuche anderen überlassen

Morgen früh werde ich keine drei Kreuze machen, sondern die Maschine anwerfen und den ersten Schlug Kaffee mehr als sonst genießen. Klar gibt es Gründe, dauerhaft auf Kaffee zu verzichten. Können anderen gerne machen, ich brauche so was nicht. Gesundheitsapostel können diesbezügliche ihre Meinung für sich behalten. Sollte ich wirklich ein paar Tage früher sterben, weil ich mein ganzes Leben lang Kaffee getrunken habe, dann ist das halt so. Zumindest habe ich das Leben genossen. Für mich ist die Zubereitung mittlerweile zu einem Ritual geworden, dank Siebträgermaschine.
Es dauert, die Bohnen zu mahlen, die Tasse zu erwärmen, Milch aufzuschäumen — die Handgriffe müssen sitzen. Über das Coffein hinaus ist die Zubereitung selber etwas, aus der ich ein hohes Maß an Befriedigung ziehe.
Im Übrigen, wer ernsthaft Match-Tee als gesunde Alternative zum Kaffee empfiehlt, hat in Chemie und Biologie wirklich nie aufgepasst.

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