Mittlerweile betrug die Verspätung des ICE 1056 tatsächlich 15 Minuten. Georg Träm spürte eine leichte Unannehmlichkeit im Magen. Ein linksseitiges Ziehen, welches er nicht zuordnen konnte. Auf die Klassenfahrt freute er sich genau so, wie andere sich auf die Kehrwoche freuen. Eine lässige Verpflichtung, die man auf sich nahm.
Erträglicher wurde das im Falle von Träm durch die bald anstehenden Schulferien. Vor diesen stand aber die Zeugnisvergabe an. Für Lehrer bedeutet dies im Vorfeld wieder eine Menge Arbeit. Notenfindung, Konferenzen und aufgebrachte Eltern am Mittag des letzten Schultags. Bei welchen Eltern mit Widerspruch gegen die Zeugnisnote zu rechnen war, wusste Träm ziemlich genau. Entsprechend bereitet er sich auch stets darauf vor.
Auf das, was an diesem Morgen in Bielefeld passieren würde, hatte er sich jedoch nicht vorbereitet. Obwohl er eigentlich gewusst hatte, dass eine Schülerin der Klasse heute Geburtstag hatte. Träm hätte ahnen können, dass die Mitschüler ihr noch vor der Abfahrt auf dem Bahnsteig gratulieren wollten. Das man nicht nur Happy Birthday sang, sondern auch noch zu Ehren der Schülerin eine Wunderkerze anzündet, jedoch nicht.
Als die ersten Funken anfing zu sprühen, stand Georg Träm direkt neben dem Schüler, der die Wunderkerze hielt. Instinktiv wich Träm ein paar Schritte zurück. Zu seinem Pech hatte der ICE nicht mehr als die angekündigten 15 Minuten Verspätung.