In wenigen Tagen entscheidet sich, welchen Weg die deutsche Sprache in Zukunft gehen wird. Zur Diskussion stehen Freiheit oder Diktatur (nicht Diktat). Während früher die Duden-Redaktion die Entwicklung der Sprache und ihren Gebrauch beobachtet hat, um Veränderungen, die sich durchgesetzt hatten, aufzunehmen, geht die Entwicklung seit ein paar Jahren in eine andere Richtung.
Ursprünglich war die Absicht, das privatwirtschaftliche Monopol eines Verlages auf die deutsche Sprache zu brechen – blind für die Tatsache, dass es dieses Monopol so nie gegeben hat. Über die Entwicklung der Sprache sollte die eingerichtete „Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung“ entscheiden. Gegen den Willen derjenigen, die die Sprache benutzen, wurde im ersten Schritt eine neue Rechtschreibung verordnet.
Kaum sind die Eiterbeulen der ersten Sprachpest vernarbt, droht schon wieder eine Reform der Sprache. Wesentlich tief greifender ist allerdings der Versuch der Kommission, sich jeglicher Kontrollinstanz zu entziehen. Bislang ist es bei Änderungen der Rechtschreibung immer noch abhängig von der Zustimmung der Kultus- und Bildungsminister. In Zukunft soll das keine Gültigkeit mehr haben, außer bei der Kleinschreibung von Substantiven.
Was Sprache und die Macht über Sprache bedeutet, kann man jederzeit bei Orwell nachlesen, der das in seinem Roman „1984“ mit Neusprech eingängig demonstriert.