Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Titel werden durch Übersetzung ins Deutsche nicht unbedingt besser. Altered Carbon klingt definitiv besser als veränderter Kohlenstoff.

Jakob Wolfshaut

Der Trailer zur Netflix-Serie Altered Carbon sah verdammt vielversprechend aus. Besonders für jemanden wie mich, der ziemlich abfährt auf Cyberpunk. Was dieses Genre angeht, wird man nicht gerade mit Filmen verwöhnt. Nach dem Film Bright, der ebenfalls auf Netflix lief, war ich optimistisch. Allerdings muss ich explizit dazu sagen, dass ich die Buchvorlage „Das Unsterblichkeitsprogramm“ von Richard Morgan nicht kenne.
Angesiedelt ist die Story in der Serie im 25. Jahrhundert. Das Setting versprüht anfangs viel Flair, man wird mit visuellen Eindrücken konfrontiert, die an Blade Runner erinnern — ohne an dessen Klasse heranzureichen, aber dazu später mehr.
Man erlebt die Handlung aus Sicht der Figur Takeshi Kovacs, der nach 250 Jahren aus dem Tiefschlaf geholt wird. Warum die Welt dann immer noch so vertraut auf ihn wirkt, ist eine der vielen Unstimmigkeiten. Dabei wacht Kovacs nicht in seinem eigenen Körper auf, sondern in einem anderen. Körper werden grundsätzlich nur verächtlich Sleeve genannt. Der reale Tod ist selten geworden, da jeder Mensch ein Implantat (Stack) hat, auf dem sein Bewusstsein gespeichert wird. Dies lässt sich dann einfach auf eine andere Hülle übertragen. Sogar eine bessere, wenn man es sich leisten kann.

Altered Carbon

pixel2013 / Pixabay

Die Story von Altered Carbon

Tatsächlich ist die Welt in Altered Carbon nach wie vor in Arm und Reich aufgeteilt, mit einer Mittelschicht, die nach höherem strebend zu allem bereit ist. Die Megareichen fühlen sich dank der Unsterblichkeit und der Möglichkeit, beliebig viele makellose identisches Sleeves herstellen zu lassen wie Götter. Sie leben über den Wolken auf der Erde. Natürlich wurden bereits fremde Planeten besiedelt, aber davon erfährt an als Zuschauer ebenso wenig wie über die „Älteren“, eine Zivilisation, auf dessen Wissen die Technik der Stacks basiert.
Takeshi Kovacs gehörte zu den Envoys, eine Rebellengruppe mit besonderer Wahrnehmung. Über die Rebellen erfährt man später etwas bleibt aber ansonsten im Unklaren. Jedenfalls, Kovacs wird wieder in einen Sleeve gesteckt, weil der den Mord an Laurens Bancroft aufklären soll. Bancroft, ein Methusalem (Meth) ist als Einziger davon überzeugt, dass es Mord und kein Selbstmord war. Dank eines Backups kann und neuen Sleeves kann er Kovacs selber mit der Aufklärung beauftragen.

Dreiteilung mit Tendenz

Tatsächlich kann man aus dem Kopf heraus die gesamte Handlung herunterschrauben, weil sie so banal ist, dass man sie sich ohne Mühe merken kann. Die Serie zerfällt in zehn Folgen, die man im Prinzip in drei Abschnitte teilen muss. Die ersten drei Teile sind rasant und spannend. Es ist neu, bunt und macht Spaß — die banalen Dialoge fallen nicht so ins Gewicht. Was dann kommt, ist Mittelmaß. Man kann und will es sehen, weil man am Fortlauf der Handlung interessiert ist.
Die letzten drei Folgen sind dann nur noch eine Qual. Elend lange Rückblenden, eine sich um keinen Millimeter ändernde Antagonistin, die immer wieder auf die gleiche Begründung für ihre Taten zurückfällt. Auf dem „Höhepunkt“ dann ein Spiegelkampf — zwei Helden kämpfen isoliert gegen zwei Bösewichter. Man verfolgt als Zuschauer mal die eine, mal die andere Auseinandersetzung. Die Auflösung am Ende, als man endlich erfährt, was hinter dem Gesetzesvorhaben steckt und doch noch eine Überraschung erlebt — nun ja. Altered Carbon gehört zu jenen Serien, die stark anfangen aber genauso stark auch nachlassen. Jeglicher Vergleich mit Blade Runner oder dessen Fortsetzung verbietet sich. Die Serie kann dem Klassiker und seinem Nachfolger nicht das Wasser reichen.

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