Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Gestern hat sich Niedersachsen einen neuen Landtag zusammengewählt. Das Ergebnis überrascht während es gleichzeitig Befürchtungen bestätigt.

Überraschungsmomente

Tatsächlich hat die SPD nach einer längeren Durststrecke auf Bundesebene und in den Bundesländern mal eine Wahl gewonnen. So richtig gerechnet hat damit keiner mehr, auch wenn der Spitzenkandidat in Niedersachsen, Stephan Weil, zuletzt in den Umfragen vor seinem Konkurrenten Bernd Althusmann von der CDU gelegen hat. In Zahlen sieht das vorläufige amtliche Endergebnis so aus:

  • SPD 36,9% (+4,3%)
  • CDU 33,6% (-2,4%)
  • Grüne 8,7% (-5%)
  • FDP 7,5% (-2,4%)
  • AfD 6,2% (+6,2%)

Lässt man mal das unglückselige Ergebnis für die AfD außer Acht, so hat nur eine Partei in Niedersachsen Stimmen dazu gewonnen: die SPD mit Weil an der Spitze. Das er daraus einen Regierungsauftrag ableitend wird, ist nachvollziehbar. Warum das seinen Gegner von der CDU ebenfalls für sich beansprucht, gehört wohl er zu den Kuriositäten.

Niedersachsen

ariesa66 / Pixabay

Niedersachsen ist bedeutungslos

Kein Bundesland ist bedeutungslos, auch Niedersachsen nicht. Was aber bedeutungslos ist, ist die Ableitung von Wahlerfolgen in einem Bundesland. Nur weil die SPD jetzt in Niedersachsen gewonnen hat, bedeutet das nicht den Beginn eines Aufwärtstrends. Nach der verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hieß es von den Genossen, draus ließen sich keine Rückschlüsse für die Bundestagswahl ziehen. Umgekehrt sollte man das jetzt auch nach dem Wahlerfolg in Niedersachsen so halten. Das Wahlergebnis dort hat eine Reihe von Ursachen, die in Niedersachsen zu finden und nicht in der Bundespolitik. Man könnte auch sagen, Stephan Weil hat die Wahl dort gewonnen trotz Martin Schulz.
Bei den Genossen in Berlin an der Parteispitze sieht man das freilich ganz anders. Bei der Aussage von Andrea Nahles, „Martin Schulz ist und bleibt Parteivorsitzender“ kommt mir dann schon mal wieder direkt der Kaffee hoch. Schulz hat die Wahl nicht gewonnen und er ist auch keine gute Wahl als Parteivorsitzender.

Wat mutt, dat mutt

Trotz seines Wahlsieges ist Stephan Weil nicht zu beneiden. Um in Niedersachsen regieren zu können, muss er eine tragfähige Koalition zusammenstellen. Rein rechnerisch reicht es für drei Konstellationen. Für eine große Koalition mit der CDU (was niemand ernsthaft will) für eine Ampelkoalition oder aber für Jamaika ohne die SPD. Dann würde tatsächlich Althusmann von der CDU zum Zug kommen. Problematisch ist in Niedersachsen allerdings, dass sich Grüne und die FDP dort nicht besonders mögen. Bliebe noch eine Minderheitsregierung als Alternative — mit entsprechendem Risiko. In jedem Fall ist es ein schwieriges Wahlergebnis, wie auch die Süddeutsche Zeitung meint.
Dort hat mir (mal wieder) der Kommentar von Heribert Prantl in Hinblick auf die SPD gefallen:

… die SPD, die zwar in Niedersachsen gewonnen hat, die aber unglaublich vergesslich, vernagelt und borniert wäre, wenn sie jetzt schon wieder sagen würde „läuft doch“.

Leider wird das wohl genau so kommen. Maximal wird man doch trotz aller Treueschwüre bis Jahresende Schulz ersetzt haben. Ansonsten aber den Kurs beibehalten — und wieder nichts dazu lernen.

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