Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Jetzt, ein paar Tage nach der Wahl, ist es höchste Zeit über die künftige Rolle der SPD nachzudenken.

Opposition ist nicht Mist

Von Franz Müntefering stammt der Ausspruch, Opposition sei Mist — tatsächlich bietet sie die Chance, wieder zurück zu sich selber zu finden. Schaut man sich den Zustand der SPD an, so verliert sie nicht nur an Stimmen bei den Wahlen, sondern auch an Anziehungs- und Überzeugungskraft. Aus diesem Grund bin ich für meinen Teil schon lange davon überzeugt, dass die SPD in die Opposition gehört.
Beim Mitgliederentscheid 2013 über die Große Koalition zwischen Union und SPD stimmte ich dagegen. Meiner damaligen Meinung nach würde die Große Koalition dazu führen, dass es „eine Opposition, die auch etwas bewirken kann“ in nächster Zeit nicht im Bundestag geben wird. genau dieses Fehlen einer echten Opposition hat uns jetzt den Schlamassel mit der AfD eingebrockt. Opposition ist nicht Mist, sondern manchmal die einzig wirklich vernünftige Entscheidung.
Natürlich konnte die SPD entgegen meiner damaligen Skepsis eine Reihe von Punkten im Koalitionsvertrag umsetzen. Die sozialdemokratische Handschrift der Bundesregierung in den letzten vier Jahren ist deutlich spürbar. Genützt hat das aber nichts.

Rolle der SPD

naturalpastels / Pixabay

Frage nach der Verantwortung

Es sollte in der SPD sehr deutlich die Frage nach der Verantwortung gestellt werden. Einerseits für die verlorene Bundestagswahl 2017. Andererseits auch für das Scheitern in der Kommunikation. Das es den Sozialdemokraten in den letzten vier Jahren nicht gelungen ist, ihre erfolgreiche Politik gut zu vermarkten ist nicht allein Martin Schulz anzurechnen. Es ist das „Werk“ eine ganzen Reihe von Genossen an der Spitze der Partei. Wenn man über die Künftige Rolle der SPD in der Politik sprechen wird, so muss auch über ihre Zukunft in der Partei gesprochen werden.
Ein „weiter so wie bisher“ ist das definitiv falsche Signal. Wer mit Sprüchen kommt, man bräuchte gerade jetzt in stürmischen Zeiten einen bekannten Kapitän übersieht, dass uns genau dieser Kapitän und diese Mannschaft überhaupt erst in den Sturm navigiert hat. Geärgert hat mich bereits die viel zu frühe Aussage, man wolle in die Opposition gehen (auch wenn ich sie inhaltlich für richtig halte) genau so wie die anscheinend fehlende Bereitschaft von Martin Schulz, aus der Wahlniederlage die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Für mich ist ein Parteivorsitzender Schulz nicht tragbar. Sein Verhalten in der Elefantenrunde am Sonntag fand ich erbärmlich.

Opposition ist die Rolle der SPD

Das die Rolle der SPD künftig in der Opposition liegen wird, ist wahrscheinlich. Es ist auch wahrscheinlich gut, denn an der Idee, damit stärkste Oppositions-Partei zu werden, ist vieles richtig. Ein Bundestag, in dem die AfD die stärkste oppositionelle Kraft ist, klingt nicht nur gruselig, sondern ist es auch. Damit die Rolle der SPD auch ausgefüllt werden kann, bedarf es an passenden Personal. Genau hier liegt aber eines der größten Probleme der Partei. Verfolgt man die Diskussion auf Facebook in der SPD-Gruppe, so gibt es deutlich Befürworter für die Forderung, dass die gesamte Führungsriege zurücktreten sollte. Dazu gehört für mich auch Andrea Nahles, die derzeit als neue Fraktionschefin gehandelt wird. Sie hat, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, sowohl begeisterte Anhänger als auch erbitterte Gegner. Zu letzteren zähle ich mich und das bereits seit Anfang der 90er Jahre, als ich sie auf einer Juso-Veranstaltung in Nürnberg erlebte.
Für die Wählerinnen und Wähler verkörpert Andrea Nahles auch die alte Große Koalition, der sie als Arbeitsministerin angehörte. Ein Neustart sieht anders aus. Ein Neustart beginnt mit einem radikalen Schnitt.

SPD und die Frauen

Begrüßenswert fände ich es, wenn die SPD nicht nur die Führungsriege feuert, sondern auch neue Gesichter nach oben bringt. In Nordrhein-Westfalen hat man mit Mike Groschek gezeigt, dass man aus den Fehlern nicht lernen will. Das darf sich auf Bundesebene nicht wiederholen.
Die Partei braucht neue, weibliche Gesichter, denn meiner Meinung nach sollten in der Parteispitze deutlich stärker als bisher Frauen eine Rolle spielen. Für mich zeichnet sich jetzt schon ab, dass ich mir für die nächste Bundestagswahl eine Kanzlerkandidatin der SPD wünsche — egal gegen wen sie von der CDU antritt. Und am liebsten würde ich Malu Dreyer, die derzeitige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, an der Parteispitze sehen.

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