Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Flash und das Internet, das ist eine Geschichte mit Höhen und Tiefen. Vor allem ist es jetzt eine Geschichte, deren Ende absehbar ist.

Erstes Kennenlernen

Ende der 90er Jahren lernte ich zum ersten Mal Flash kennen. Es war zu der Zeit noch ein Produkt der Firma Macromedia, welche Ende 2005 von Adobe übernommen wurde. Die Möglichkeit, mit dem Programm multimediale, interaktive Inhalte zu programmieren, hat mich sofort geflasht — sorry für das blöde Wortspiel. Aus dem Studium kannte ich bereits Macromedia Director, eine umfangreiche Autorensoftware. Mit dieser hatte ich in Medienpädagogik sogar ein kleines Projekt umgesetzt. Selber leisten konnte ich mir Director damals als Student nicht. Vermutlich hätte ich auch nie die Möglichkeiten ausreizen können. Zunächst kaufte ich mir Apple Hypercard, eine Software mit der immerhin die erste Version von Myst entwickelt wurde. Zu Hause steht im Regal immer noch die Originalverpackung mit Handbuch und den ganzen Disketten. Weit kam ich damit nicht, und dann kam ja auch Flash. Wie Director verwendete es die Bühnenmetapher und vieles ließ sich auch wie ich es von dort kann umsetzen. Besonders großartig gefielen mir die Werkzeuge zum zeichnen.

Flash

Free-Photos / Pixabay

Das Wunderkind

Was mein eigenes Zeichentalent angeht, bin ich eher unterdurchschnittlich begabt. Leider trifft das auch auf den Umgang mit Vektoren zu, so dass mir Freehand oder Illustrator auch verschlossen blieben. Bei Flash musste ich nichts von Vektoren verstehen, ich konnte einfach loslegen und kritzeln. Striche ließen sich dann wie ein Gummiband immer wieder anpassen. Mir gab es die Möglichkeit, eine Technik zu verwenden, die ich noch aus der Grundschule kannte: das Durchpausen von Bildern. So wurde Flash für mich nicht nur ein Werkzeug für Animation oder Anwendungen, sondern auch zur Erstellung von Grafiken und Logos. Eine ganze Reiher der früheren Blog-Designs basieren auf Grafiken, die ich mit Flash erstellt hatte.
Das Wunderkind wollte ich auch ganz legal besitzen. Die Testversion drohte abzulaufen, aber es winkte ein kleiner Auftrag. Für eine Firma in Gütersloh sollte ich einen Bildschirmschoner erstellen. Das ging mit Flash und einem externen Konverter ziemlich gut. Die Bezahlung ermöglichte mir dann den Kauf von Flash 4. Das rentierte sich bereits mit dem zweiten, größten Auftrag. Ein Film für Jugendliche zum Thema Alkohol und Auto fahren.

Cymo und andere Dinge

Nach wie vor steht die Verpackung von Flash im meinem Regal zu Hause, auch wenn die Software mittlerweile nicht mehr auf meinem Rechner läuft. Sie soll mich einfach an die gute Zeit erinnern, denn Flash und ich hatten viel Spaß miteinander. Mein Projekt Cymo werde ich nicht vergessen. Für mich war es der Höhepunkt von dem, was ich in Flash je programmiert habe.
Um mich herum im Netz wurde Flash auch exzessive eingesetzt. Wobei es anfänglich nur die Avantgarde war, die drauf setze. Von völlig sinnfreien, aber schön anzusehenden Animation bis zur bitterbösen Satire wie etwas Joe Cartoon. Die Seiten rund um die Autorensoftware schossen so aus dem Boden, immer neue Tricks und Kniffe tauchten auf. Dann kam der Absturz. Eigentlich war es kein Absturz, sondern die Nutzung  für Werbeanzeigen. Von schön und nett verschob es sich in Richtung nervig. Imme häufiger tauchten auch Sicherheitsprobleme auf.

Das Ende von Flash

Gestern kündigte Adobe das Ende „ihrer“ Software an. Nach 2020 soll es nicht mehr weiterentwickelt werden. Tot wird es vorher schon längst sein. Es war ein sterben auf Raten. Die Unterstützung in Browsern ging zurück, Google verkündete, Flash nicht mehr standardmäßig zu unterstützen, ähnlich wie Apple bei Safari. Für iOS gäbe es nie eine Unterstützung, die von Android wurde wieder entfernt. Einer der Stolpersteine  war immer  der Performancehunger. Selbst konnte ich das oft genug in den letzten Jahren erleben, wenn der Lüfter meines Apple Computers auf Hochtouren lief. Wieder eine Webseite mit Flash-Inhalten. Warum war das so? Der früher Vorteil von Flash, kleine Dateien auszuliefern für das Internet, wurde möglicherweise zum Nachteil. Die kleinen Dateien enthielten keine fertige Grafik, sondern Vektoren, der Berechnung erst zur Darstellung führte. Natürlich konnte man auch JPGEs in einem Flash-Container ablegen, aber die ursprüngliche Idee war eine auflösungsunabhängige Darstellung. Dieser Kern ist, ich kann hier nur spekulieren, die Ursache für den Leistungshunger.

Blick in die Zukunft

Das Ende von Flash ist aber nicht das Ende der Animation im Internet. Längst gibt es eine bessere Alternative zum geschossene Standard. Mit HTML 5 lassen sich auch umfangreiche Animationen und interaktive Projekte umsetzen. Fehlen wird mir das Produkt von Macromedia irgendwie trotzdem. Einfach deshalb, weil wir zwei eine tolle Zeit miteinander hatten.

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