Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Am Horizont meiner Wahrnehmung schwirrte der Begriff wohl schon etwas länger herum. Richtig ins Bewusstsein rückte er erst am vergangene Wochenende während eines Besuches in Wuppertal, als die Gastgeberin von ihrem Plastikfasten erzählte.

Leben ohne Plastik

Vorweg vielleicht direkt von mir der Hinweis, was ich grundsätzlich von Plastikfasten oder einem plastikfreien Leben halten. Finde ich gut, ganz ehrlich. Die Entscheidung jedes Einzelnen, diesen Weg zu gehen respektiere ich. Aber genau so ehrlich muss ich sagen, dass es nicht mein Weg ist. Wo es mir möglich ist, versuche ich Plastik zu reduzieren — nicht aber um jeden Preis. Meinen persönlichen Weg werde ich später noch mal skizzieren. Zuerst aber ein Blick in die Vergangenheit.

Zeit für Plastikfasten

geraldsimon00 / Pixabay

Trends von Vorgestern

Mit zunehmenden Alter stellt man fest, dass sich gewisse Trends wiederholen. Als die Gastgeberin erzählte, sie würde neben dem Plastikfasten auch ihre Creme, Zahnpasta und Shampoo selber machen, musste ich lächeln. Wobei es eigentlich eher ein innerliches Grinsen war.
Die Selbermachphase hatte ich vor 26 Jahren, als es noch die Spinnrad-Läden gab und „Hobbythek“ noch ein Begriff war. Am Samstag auf der Geburtstagsparty konnte niemand etwas mit der WDR-Sendung anfangen. Aber gut, wenn man als Spieleklassiker „Siedler von Catan“ und nicht etwas „Risiko“ oder andere Spiel aus meiner Jugend nennt, ist das auch eine Aussage.

Jute-Hüte

Für mich ist es leicht langweilig, auf Menschen zu Treffen, welche die gleichen ausgetrampelten Wege gehen, die ich schon vor 26 Jahren gegangen bin. Und die damals auch schon ausgetrampelt waren. Aber das ist ein völlig anderes Thema. Auch wenn mich Plastikfasten ein wenig an den Slogan „Jute statt Plastik“ erinnert, ist es doch etwas anderes. Kein Alter Hut, sondern ein neuer Ansatz. Trotzdem jedoch auch eine Bewegung, die etwas von früher aufgreift, was gar nicht mal so schlecht war.

Plastikfasten für Delphine

Machen wir uns nichts vor, es gibt ein deutliches Zuviel an Plastik. Zu viel produziert, zu viel verbraucht und deutlich zu viel davon landet mit erheblichen Folgeschäden in den Weltmeeren. Dabei ist Plastik kein nachwachsender Rohstoff. Was weg ist, ist weg. Wie schädlich Plastik für die Umwelt ist, sollte längst bekannt sein.
Trotzdem verwenden wir Plastik als gäbe es kein Morgen. Und wird es auch nicht geben, wenn wir so weiter machen. Zum kochen brauchte ich am Wochenende vier Auberginen. Die gab es im Supermarkt nur noch in Bio-Qualität. Das finde ich im Prinzip eher positiv. Das jede einzelne Aubergine in Plastikfolie eingeschweißt war, finde ich allerdings ziemlich daneben.

Ummantelte Biogurke

Das gerade Bio-Gemüse in Supermärkten in Plastik eingehüllt wird, ist nicht nachvollziehbar. Soll das eventuell ein ironischer Hinweis sein? Oder möchte man die Schadstoffe durch den Kunststoff nachträglich in das Produkt eindringen lassen? Hier auf Plastik zu Verzichten, wäre schon ein guter Ansatz. Als Kunde ist man schon mit kleinen Schritten zufrieden, zum Beispiel wenn die Plastiktüte endgültig abgeschafft wird. Ansätze dazu gab es ja auch schon früher — wie gesagt, die Trends wiederholen sich.

Normierter Verpackungswahn

Plastikfasten setzt auch als Trend dort an, wo unsere Großeltern aufhörten. Oder anders gesagt, es versucht die Art Einkaufen wieder zu beleben, die es schon zu meiner Jugend in der Form nicht mehr gab. Lose Ware ohne Umverpackung, abgefüllt in selber mitgebrachten Behältern. Das wäre für mich die Kurzformel des Plastikfastens.
Die ersten Schritte sind reicht schnell gemacht. Man verzichtet auf Plastiktüten, lässt die Umverpackung im Laden. Beides hilft aber wenig, wenn man zur Papiertüte greift, der Öko-Billanz auch nicht rosig ausfällt. Und die Umverpackung im Laden lassen verlagert nur das eigentliche Problem und die Entsorgung auf andere.

Möglichkeiten und Wege

Die Vorschläge vom BUND sind nachvollziehbar und im Alltag gut umsetzbar. Mehrwegverpackungen lassen sich genau so vermeiden wie Mikroplastik in Kosmetika. Wirklich raus aus der eigenen Komfortzone muss man erst, wenn man an der Fleischtheke eine Diskussion anfängt. Hut ab vor denjenigen, die das Personal davon überzeugt bekommen, die Ware in eine mitgebrachte Dose zu legen.
Von einem „Ökowahn“ würde ich, wie das Deutschlandradio, keinesfalls sprechen. Eher von viel Mut. Ein Stück weit vielleicht auch Naivität, jene Naivität die man selber auch mal hatte.

Kleine Schritte

Die Radikale Richtung wäre für mich „Besser leben ohne Plastik“ — damit erreicht man die Nische, nicht aber breite Bevölkerungsschichten. Natürlich nervt es mich auch, 500 g Packungen Nudeln kaufen zu müssen wenn ich nur 400 g benötige. Dennoch würde ich nicht, auch im Sinne des Plastikfastens, in einem verpackungsfreien Supermarkt einkaufen. Das gab es mal, früher ja. In einen eng getankten Zeitplan passt diese Art des Einkaufens nicht.
Kleine Schritte sind es, die in der Summe schon viel verändern. Das was geht, ändern, aber aus dem Weglassen keine Religion machen.

Selbermachen als Hobby

Dinge selber zu machen, ist ein schönes Hobby. Es ist jedoch kein dauerhafter Bestandteil des Alltags. Im Rahmen eines zeitlich begrenzten Plastikfastens, mit dem man sich seines Konsums bewusst wird, ist es in Ordnung.
Für mich habe ich vor längerer Zeit entschieden, Dinge nicht mehr mit der Brechstangen versuchen zu ändern.

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