Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Die Bezeichnungen für Beschlüsse im Bundestag lassen mitunter zu wünschen übrig. Das war bereits bei Hartz IV so und ist bei so genannten „Asylpaket II“ nicht anders. Im Kern geht es darum, die Asylverfahren und Abschiebungen zu beschleunigen, so wie den Familiennachzug einzuschränken. Neu sind beschlossenen Punkte nicht, denn bereits Anfang November 2015 konnte man sie in einem Referentenentwurf namens „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ nachlesen.

Das Maßnahmenpaket steht entsprechend in keinem Zusammenhang zu den Ereignissen der Silvesternacht in Köln und anderswo.

Insbesondere an der Verschärfung des Familiennachzugs entzündet sich derzeit ein Streit zwischen CDU/CSU und der SPD. Richtig ist, dass das Asylpaket II im Bundestag mit Stimmenmehrheit beschlossen wurde — egal was man davon grundsätzlich hält. Wenige Tage nach dem Beschluss distanzierte sich SPD-Chef, Vizekanzler und Bundeswirtschafsminister Sigmar Gabriel von Teilen der beschlossenen Maßnahmen. In Bezug auf die Aussetzung des Familiennachzugs für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge heisst es, dies sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen.

Alexas_Fotos / Pixabay

Mich wundert das. Gerade bei Politikern sollte es doch zur Gewohnheit werden, Dinge, denen man zustimmt oder die man unterschreibt, vorher noch mal genau durchzulesen. Wenn ein paar Tage später dann das schlechte Gewissen packt, gibt man eine sagenhaft schlechte Figur ab in dem man behaupte, davon nichts gewusst zu haben. Den so hört sich das, was Gabriel von sich gibt, im Klartext an. Möglicherweise hat der Vizekanzler aber auch einfach geschlafen, während die Passagen, gegen die er sich jetzt wendet, diskutiert wurden.

Den Vorwurf der Union, die SPD sei ein Karnevalsverein, müssen sich die Sozialdemokraten leider gefallen lassen. Wobei es in einem Karnevalsverein deutlich reglementiert zu geht — was auch in den Reihen von CDU und CSU bekannt sein sollte.

Schaut man sich den Punkt „Familiennachzug“ näher an bezieht sich dieser hauptsächlich auf Flüchtlinge mit subsidiären Schutz. Im Klartext bedeutet dies, dass die betreffenden Personen kein Schutz durch das Asylrecht genießen und auch nicht als Flüchtlinge anerkannt wurden. Sie werden lediglich aus humanitären Gründen nicht abgeschoben. Darunter fallen alle Menschen, die keine individuelle Verfolgung nachweisen können. Wenn es also keine persönlichen Gründe gibt, warum man im Heimat Land Tod oder Folter zu fürchten hat, sondern dort momentan für alle üblich ist, genießt man lediglich subsidiären Schutz.

Entsprechend dürfen keine Familienangehörige nachgeholt werden und zwar für einen Zeitraum von zwei Jahren. Man gewährt den Mördern im Heimatland also ausreichend Gelegenheit, die Sache mit dem Familiennachzug für Deutschland in die Hand zu nehmen.

Ebenfalls skandalös, aber derzeit nicht im Fokus der Diskussion ist der Umstand, dass Flüchtlinge ohne Pass einem Schnellverfahren unterzogen werden sollen. Das man auf der Flucht froh ist, überhaupt noch am Leben zu sein, zählt wenig, wenn man nicht im Besitz gültiger Papier ist. So was durch den Bundestag zu winken, geht vermutlich nur, wenn man ganz viel Sand in den Augen hat.

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