Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Einen sachlichen Artikel über vegane Ernährung zu schreiben ist alles andere als leicht. Ehrlich gesagt will es auch gar nicht erst versuchen, nach Möglichkeit aber auf die Polemik verzichten, derer sich eingefleischte Veganer gerne bedienen.

Würde bei der Diskussion über Ernährung und die unterschiedlichen Arten und Formen das Zitat von Friedrich dem II., „Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“, beherzigt, wäre sicher auch dieser Artikel überflüssig. Es ist in Bezug auf das Zitat bedauerlicherweise genau anders herum. Fast könnte sogar von einer gewissen Form von Ernährungsfaschismus gesprochen werden — ein kleine Prise Polemik sei gestattet.

Jai79 / Pixabay

Bei den meisten mir bekannten (alternativen) Ernährungsformen verhält es sich so, dass deren Anhänger ihre eigene Sichtweise für die einzig richtige halten. Schlimmer noch, da sie so davon überzeugt sind, irren andere nicht nur, sondern verhalte sich falsch. Vermutlich ist es auch ein Bestandteil der eigenen Lehre, alles andere zu verdammen und somit sich selber zu erhöhen.

Ernährt sich ein Mensch vegan, ist das seine freie Entscheidung, sein gutes Recht. Diese Recht auf freie Entscheidung muss aber auch jedem anderen zugestanden werden. Von missionarischem Eifer beseelt, versuchen nicht wenige Veganer, ihr Umfeld auf den Pfad der Tugend zu führen. An dieser Stelle wird allerdings eine Grenze überschritten.

In gewisser Weise kann ich das Verhalten von Veganern sehr gut nachvollziehen, auch verstehen. Die Sichtweise ist mir selber auch nach wie vor vertraut aus einer Lebensphase, wo ich mich eine Zeit lang vegetarisch ernährt habe. Ich und andere im Freundeskreis haben uns selbstverständlich für besser Menschen gehalten. Etwas extremer wurde das dann noch in der Phase, wo wir uns nach der Instinctotherapie nur von Rohkost ernährten. Alles andere musste damals einfach falsch sein, andernfalls wäre man schließlich selber im Irrtum.

Sowohl über die damaligen Erfahrungen als auch darüber, diese Phase überwunden zu haben, bin ich sehr froh. Ich ernähre mich mittlerweile so, wie ich es selber für richtig halte. Bewusst wenig Fleisch, nach Möglichkeit vollwertige und aus ökologischem Anbau. Im Mittelpunkt meiner eigenen Ernährung steht Geschmack und ja, auch Genuss. Dazu gehört für mich ganz persönlich auch Fleisch. Mir ist absolut bewusst, dass dafür Tier getötet werden — und das ist auch gut so. Weniger gut sind die Begleitumständen von Aufzucht und Schlachtung, denen man aber durch Kauf entgegen wirken kann. Fleisch von glücklichen Schweinen mag zwar teurer sein, schmeckt aber auch erheblich besser. Und um Geschmack geht es mir, wie gesagt.

Romi / Pixabay

Es gibt Veganger die unterstellen ganz gerne, dass Fleischesser unterschieden zwischen Nutz- und „Kuschel“-tieren. Mag sein, das so was bei Menschen der Fall ist, die ausschließlich in der Stadt groß geworden sind. Die glauben, Strom käme aus der Steckdose und die Milch aus Flasche. Die an Lila-Kühe glauben. Wie auch immer. Eigentlich ist mir das nicht so wichtig, aus welchen Gründen sich die Unterscheidung herausgebildet hat. Es gibt jedoch ganze Erklärungsmodelle, die Veganer gerne verbreiten um anderen ein schlechtes Gewissen zu machen — statt einfach nur selber auf Fleisch zu verzichten.

Häufiger höre ich mich sagen, ich wäre ein Landei. Ich komme tatsächlich vom Land, wir hatten in der Familie Verwandte mit Bauernhof. Von denen kenne ich noch die Hausschlachtung, der ich als Kind beiwohnen durfte. Wo die Einzelteile des halben Schweins in der Kühltruhe zu Hause herkamen, wusste ich genau. Meine Eltern hielten Hühner, mein Bruder und ich hatten Kaninchen. Mir hat genau das Kaninchen, welches ich über Monate gefüttert, dessen Stall ich ausgemistet habe und welches ich gerne streichelte und herzte, geschlachtet, abgezogen und in Rotwein geschmort, sehr gut geschmeckt. Meiner Meinung nach habe ich eine positive Beziehung zu Tieren — in jeder Form. Rechtfertigen will und muss ich mich nicht. Jeder setzt bei seiner Ernährung eigene Maßstäbe, was auch gut ist solange er andere in Ruhe lässt.

Es gibt so viel Leid in der Welt, welches Menschen anderen Menschen zufügen. Muss ich da ernsthaft über das, was ich auf dem Teller habe philosophieren oder mir besser Gedanken machen, wie den Menschen helfen kann? Im Übrigen: Vegane und vegetarische Ernährung macht nicht friedfertig.

Veganer respektiere ich als Menschen, wie ich auch alle anderen Menschen respektiere. Allerdings erwarte ich im Gegenzug, dass man auch meine Ernährung respektiert und nicht ständig versucht, mir etwas aufzudrängen, einzureden oder mies zu machen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner