Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Kein Krimi beim Herbstempfang der SPD-Innenstadt Nord

Mit Erreichen der Volljährigkeit kann man sich schon mal was besonderes gönnen. Jedenfalls war das gestern die Meinung des Ortsvereinsvorsitzenden Jan Harbach bei der Begrüßung der Gäste des Herbstempfangs der SPD Innenstadt Nord in der Eigelstein Torburg. Statt mit trockener Politik gab es als Opening eine Lesung der Autorin Carla Berling. Ihr neustes Buch, „Königstöchter“, erschien vor anderthalb Monaten im August und verkauft sich ziemlich erfolgreich. Auch wenn Caral Berlin ursprünglich aus Ostwestfalen stammt, war sie doch nicht von außerhalb, das sie bereits seit längerer Zeit Köln lebt.

Wie das so ist in der ostwestfälischen Heimat, schilderte sie in den vorgetragenen Episoden aus der Reihe „Jesses Maria“. Bisher kannte ich von ihr lediglich die beiden Krimis, aber ganz ehrlich, „Jesses Maria“ ist auch gut. Vor allem aber komisch, man an den Reaktionen der Anwesenden Gäste merken konnte. Für mich selber bestand das besondere Vergnügen darin, die Schauplätze wie zum Beispiel den Werre-Park zu kennen — inklusive die besondere Mentalität der Ostwestfalen, schließlich bin ich mit einer Ostwestfälin verheiratet.

Die Gedanken von Maria während des Weihnachtsgottesdienstes werden wohl in ein paar Wochen bei nicht wenigen Gottesdienstbesuchern ähnlich aussehen. Weihnachten geht man nur dann in die Kirche, wenn man sicher sein kann, den Braten rechtzeitig auf den Tisch zu bekommen. Und um über die Nachbarschaft zu lästern.
In der zweiten Episode wurde auch gelästert, aber nicht von Maria, sondern von ihrem Noch-Ehegatten, der sich als richtiger Kunstbanause entpuppte und schon mal gar nicht einsehen wollte, warum ein bestimmter Farbton eben auch Kunst ist.

Die geschilderte Weinprobe in einer weiteren Episode löste bei mir gemischte Gefühle aus. Einerseits kenne ich ähnliches von Weinproben, an denen meine Frau und ich mal in Bielefeld teilgenommen haben. Vertreter oder Winzer erzählen einem schon mal Dinge, bei denen einem nur noch die Ohren schlackern. Andererseits haben wir seit über einem Jahr in Köln-Nippdes eine Weinhändlerin, die komplett anders ist und bei der die Weinproben wirklich ein Erlebnis sind. Vor allem wird ein dort nicht aufgedrängt, wie ein Wein angeblich schmecken soll.

Anschließend übernahm Martin Börschel, der Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion in Köln, das Wort. Ein Einblick in die wichtigsten Herausforderungen für die Kommunalpolitik in den nächsten Jahren. Das schwierigste Thema, welches auch das Klima innerhalb des Rates zunehmend belastet, ist der Streit um die Neuauszählung der Wahlstimmen der vergangenen Kommunalwahl. Eine Mehrheit von nur einer Stimme für die SPD wird hinterfragt, obwohl es eigentlich allen klar sein sollte, dass sich die anstehenden Herausforderungen nur im Konsens lösen lassen.

So wird die Bevölkerung in Köln in den nächsten Jahren um 200.000 Einwohner auf 1,2 Millionen zunehmen. Dies sorgt für einen wachsenden Druck auf den bereits angespannten Wohnungsmarkt. Hier müssen Lösungen gefunden werden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Als zweite große Herausforderung bezeichnete Martin Börschel die Flüchtlingspolitik, auch wenn 4.400 Menschen, die unserer Hilfe bedürfen, verglichen mit der Gesamteinwohnerzahl eher wenig wirken. Das man eigene Standards nicht mehr einhalten kann, bedauerte Martin Börschel. Gleichzeitig sprach er sich dafür aus, eine Willkommenskultur zu etablieren. Nicht Ablehnung sondern Akzeptanz sind im Ungang mit den Flüchtlingen gefragt. Es gilt, nicht nur geeignete Räumlichkeiten für die Unterbringung zu schaffen, sondern auch eine soziale Betreuung zu gewährleisten und die Flüchtlinge in das Umfeld einzubetten, um Ausgrenzung zu verhindern.

Die dritte große Herausforderung für die Kölner Kommunalpolitik ist der Erhalt der Infrastruktur. Wer sich in Köln umsieht, weiss wie viele Baustellen es in dieser Hinsicht geben sollte. Vom großen Ganzen kam Martin Börschel dann auf konkrete Einzelfälle zu sprechen. Darunter auch das Dauerthema Umgestaltung des Ebertplatzes, der sich in Sichtweite des Veranstaltungsortes befindet. Bevor eine öffentliche Ausschreibung für einen Architektenwettbewerb stattfinden kann, muss zuerst das Ergebnis der Machbarkeitsstudie abgewartet werden. Dreh und Angelpunkt ist hier die Frage, ob eine Tiefgarage für den Stadtteil unter dem Ebertplatz möglich ist oder nicht.

Neben den Herausforderung gab es jedoch auch positive Entwicklungen zu vermelden. Durch den Umzug der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung auf das rechtsrheinische Deutzer Feld in drei Jahren wird der notwendige Ausbau von Europas größter Musikhochschule ermöglicht, die sich in Nachbarschaft zum derzeitigen Standort der Fachhochschule befindet. In Bezug auf den Neubau des Justizzentrum am bisherigen Ort bleibt Köln ein dualer Justizstandort. So wird zum Beispiel das Oberlandesgericht weiterhin an seinem bisherigen Standort im Agnesviertel bleiben.

Für die Bahnunterführung Marzellenstasse konnte mit Hilfe der RheinEnergie für Beleuchtung gesorgt werden. Martin Börschel kündigte an, dass zwei weitere Unterführungen, in der Maybachstrasse und am Gerionswall, ebenfalls auf gleiche Weise ausgestattet würden. Die blaue Illuminierung der Marzellenstasse war dann eine schöne, aber vermutlich unbeabsichtigter Verknüpfung zum Besuch der Kunstausstellung im Museum Ludwig von Carla Berlings Figuren Manni und Maria. Wobei die Unterführung sicherlich nicht im IKB erstrahlt.

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