Erstaunlich, was zwei verschieden Zeitungen aus derselben dpa-Meldung machen. Im Kölner Stadt-Anzeiger wurde am 22. Juli knapp über das Urteil des Amtsgerichts Münster (Az.: 8 C 2524/13) berichtet, in dem es um Autobesitz in einer an sich autofreien Siedlung ging. Insbesondere in der digitalen Ausgabe war der letzte Satz missverständlich verkürzt — leider verschwinden die Ausgaben nach 24 Stunde und im PDF wurde eine andere Formulierung gewählt. Wie dem auch sei, die ausführliche Meldung findet man bei der WAZ
Allerdings wollte ich hier kein erneutes KSTA-Bashing betreiben. Die verkürzte Meldung fiel mir nur bei Recherche ins Auge. Eigentlich ist es nämlich das Urteil selber, welches mir Sorgen bereitet. Im Kern geht es darum, dass eine Klausel im Mietvertrag, die dem Mieter untersagt, ein Auto zu besitzen, unwirksam, auch wenn die Wohnung sich in einer durch städtebaulichen Vereinbarung festgelegten autofreien Siedlung befindet. Die Unwirksamkeit gilt insbesondere dann, wenn die Klausel keine Ausnahme zulässt, „etwa wenn ein Auto wegen der beruflichen Tätigkeit nötig“ sei.
Als Bewohner einer autofreien Siedlung habe ich nachvollziehbarer Weise auch eine Meinung dazu. Recherchiert man etwas weiter, stellt man fest, dass es nicht ganz so viele autofreie Siedlungen in Nordrhein-Westfalen gibt. Neben Köln-Nippes befindet sich auch eine in Münster und zwar die Gartensiedlung Weißenburg. Dort wohnt vermutlich der Kläger.
Für mich ist zunächst einmal unverständlich, warum jemand in eine autofreie Siedlung zieht und dann sich dann doch nicht vom Autobesitz lösen will, sogar gegen eine Klausel im Mietvertrag klagt, den er vorher mit Sicherheit freiwillig unterschrieben hat. Bedauerlicherweise gibt es solche Zeitgenossen auch hier im Stellwerk 60. Autofrei wohnen gerne, aber um Gottes Willen nicht autofrei leben.
Hat das Urteil Bestand, gefährdet es das Konzept der autofreien Siedlungen. Hier im Stellwerk gibt es nicht wenige, die genau so eine Klausel im Mietvertrag haben. Hier ein Auszug aus der entsprechenden Klausel für die autofreie Siedlung Stellwerk 60:
Dem Mieter ist bei Vertragsabschluss bekannt, dass die angemietete Wohnung im Rahmen des Projektes autofrei Wohnen errichtet worden ist. Er hat Kenntnis darüber, dass er kein Auto oder motorisiertes Zweirad besitzen darf. Der Mieter erkennt ausdrücklich die in der Anlage aufgeführten Vereinbarungen bezüglich des autofreien Wohnens an.
Quelle: RHEIN-SCHIENE Nr. 47, S. 10
Bei Eigentümer, die selber in ihren Wohnungen beziehungsweise Häusern leben, stellt sich zudem die Frage, in wie weit auch ihr vertraglich geregelter Autoverzicht rechtsgültig ist. Gut vorstellbar, dass auch andere Bewohner autofreier Siedlungen jetzt auf die Idee kommen, gegen den „erzwungenen“ Verzicht auf ein Auto zu klagen.
Ich für meinen Teil bleibe bei meiner Meinung. Wer ein Auto besitzen will, der sollte gefälligst nicht in eine autofreie Siedlung ziehen. Ob er das Auto aus angeblich beruflichen Gründen braucht, spielt dabei keine Rolle. Alles andere ist Rosinenpickerei.